Frau Preidel, als Synodalpräsidentin ist Ihnen wichtig, dass das Bewerbungsverfahren für das Bischofsamt diesmal auf eine breitere Basis gestellt wurde. Was bedeutet das genau?

Annekathrin Preidel: Wir haben die Gesetze, die Grundlage für die Bischöfinnen- und Bischofswahl sind, diesmal sehr viel offener ausgelegt. Das bedeutet konkret: Wir haben erstmals dezidiert die Einladung an alle Kirchenvorstände, Pfarrkapitel und Verbände ausgesprochen, Vorschläge für die Wahl einzureichen. Bei den vergangenen Wahlen hat das die Synode weitgehend unter sich ausgemacht und gerade auch das Vorschlagsrecht des Landeskirchenrates war sehr viel stärker.

"Vor zwölf Jahren hatten wir zum gleichen Zeitpunkt des Wahlverfahrens vier oder fünf Kandidierende."

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es 26 Vorgeschlagene für das Amt der bayerischen Landesbischöfin oder des bayerischen Landesbischofs - ist das viel oder wenig?

Das ist - verglichen mit der letzten Bischofswahl - ziemlich viel. Vor zwölf Jahren hatten wir zum gleichen Zeitpunkt des Wahlverfahrens vier oder fünf Kandidierende. Dass es diesmal so viel mehr sind, zeigt, dass unser Vorhaben, die Wahl mehr in die "Mitte" unserer Kirche zu führen, bislang geglückt ist. Das macht alles natürlich auch mehr Arbeit, aber es ist wichtig. Am 16. Dezember soll ein vorläufiger Wahlvorschlag mit zwei bis sechs Namen erstellt werden.

Die Namen sind bis zur Veröffentlichung des finalen Wahlvorschlags im Februar Geheimsache - aber können Sie trotzdem etwas über die Spannbreite der Bewerbungen sagen?

Dadurch, dass die Anregungen aus der Mitte unserer Landeskirche kommen, haben wir bei den Vorgeschlagenen jetzt genau jene große Bandbreite, die wir uns gewünscht haben. Es gibt eine große Ausgeglichenheit zwischen Vorschlägen für weibliche und männliche sowie jüngere und ältere Kandidaten. Sie kommen vornehmlich aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, es sind aber auch einige Vorgeschlagene aus anderen Landeskirchen darunter.

"Unsere Kirche verändert sich weiter rasant. Das Wichtigste wird deshalb wohl sein, dass man Spaß an diesem Amt hat..."

Der Fahrplan zur bayerischen evangelischen Bischofswahl 2023

Am 27. März 2023 wird ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm gewählt. Neun Monate vorher, also diesen Juni, hatte der Wahlvorbereitungsausschuss bereits seine Arbeit aufgenommen.

Hier die wichtigsten Stationen auf dem Weg zur Bischofswahl im nächsten Frühjahr:

1. Juli 2022: Die Kirchenvorstände, Dekanatsausschüsse, Pfarrkapitel, Verbände und die Mitglieder der Landessynode konnten bis zum 15. September 2022 dem Wahlvorbereitungsausschuss Anregungen zum künftigen Landesbischof, zur künftigen Landesbischöfin machen.

15. Juli 2022: Der Wahlvorbereitungsausschuss traf sich zu seiner ersten Sitzung.

15. September 2022: Die Frist für die Einreichung von Namensvorschlägen für das Bischofsamt hat geendet, der Wahlvorbereitungsausschuss sichtet seither die insgesamt 26 Vorgeschlagenen.

16. Dezember 2022: Der Wahlvorbereitungsausschuss stellt einen vorläufigen Wahlvorschlag auf.

3. Februar 2023: Der Wahlvorbereitungsausschuss beschließt über die endgültige Kandidierendenliste, die dann der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vorgelegt werden soll. Die Liste muss mindestens zwei und höchstens sechs Kandidatinnen und Kandidaten für das Bischofsamt umfassen.

10. Februar 2023: Pressekonferenz zum Wahlvorschlag

17. März 2023: Vorstellung und Gespräche mit den Kandidaten und Kandidatinnen in öffentlicher Sitzung der Landessynode in Nürnberg

26. März 2023: Beginn der Synodaltagung in München

27. März 2023: Wahl eines neuen Landesbischofs oder einer neuen Landesbischöfin in der Kirche St. Matthäus in München

Oktober 2023: Verabschiedung von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in München, St. Matthäus.

Oktober/November 2023: Einführung des neuen Landesbischofs oder der neuen Landesbischöfin in der Nürnberger Lorenzkirche.

Was erwarten Sie als Präsidentin des Kirchenparlaments ganz persönlich von einer neuen Amtsinhaberin oder einem neuen Amtsinhaber?

Das kann ich gerne sagen - allerdings tue ich das als "private" Synodale und nicht als Synodalpräsidentin oder Vorsitzende des Wahlvorbereitungsausschusses, das ist mir wichtig. Unser jetziger Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat die Herausforderungen, vor denen wir als Kirche stehen, schon sehr gut auf- und angenommen. Gleichwohl verändert sich unsere Kirche weiter rasant. Das Wichtigste wird deshalb wohl sein, dass man Spaß an diesem Amt hat...

... ist das jetzt nicht vor allem ein frommer Wunsch bei all den Herausforderungen: sinkende Mitgliederzahlen, gesellschaftlicher Bedeutungsverlust, weniger Geld...

... um so wichtiger ist ja dann eine Haltung der Freude, wenn man Kirche weiterhin gestalten und nicht nur verwalten will. Nur wer Spaß an diesem - sicher oft auch sehr anstrengenden - Job hat, kann ihn gut machen. Und dazu gehört für mich auch, dass die Bischöfin oder der Bischof als eines der kirchenleitenden Organe auch mit den anderen Organen gut zusammenarbeitet, wie zum Beispiel der Landessynode und deren Präsidium. Bedford-Strohm hat das geschafft.

"Vielleicht braucht es künftig mehr Instagram statt Facebook."

Landesbischof Bedford-Strohm ist viel und erfolgreich auf Social Media unterwegs. Gehört das aus ihrer Sicht inzwischen zwingend zum Stellenprofil?

Heinrich Bedford-Strohm hatte sich da ja dezidiert als Ziel gesetzt, in den sozialen Medien sehr präsent zu sein - und schafft das mit seinen Morgenvideos auf Facebook ja auch in geradezu vorbildlicher Weise. Ich glaube allerdings nicht, dass das in dieser Breite zwingend nötig ist, zumal auf Facebook. Auch wenn das einige nicht so gerne hören: Facebook ist inzwischen eher etwas für die Älteren. Vielleicht braucht es künftig eher mehr Instagram statt Facebook.

Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, der neue Amtsinhaber soll sich wieder mehr auf das innerkirchliche Leben konzentrieren.

Ja, es gibt diese Stimmen, die immer mal wieder etwas abfällig vom "Social-Media-Bischof" gesprochen haben, aber das würde ich nicht zu ernst nehmen. Natürlich brauchen wir eine Bischöfin oder einen Bischof, der die innerkirchlichen Reform- und Veränderungsprozesse mit viel Energie und mit Leidenschaft vorantreibt und begleitet. Wir brauchen eine Person, die all jene mitnimmt, die zwar Kirchenmitglied sind, aber aktuell nicht so eng "angedockt". Es müssen auch die mehr in den Blick genommen werden, die unsere Kirche suchen.

"Kirche darf vor allem nicht unflexibel sein."

Viele Menschen sind heute auf Sinnsuche - und immer weniger suchen Antworten darauf bei den Kirchen. Warum ist das so und was kann da die neue Bischöfin oder der neue Bischof leisten?

Das ist ja zunächst mal keine Aufgabe, die nur die Person im Bischofsamt hat - sondern nach grundprotestantischem Verständnis soll sich ja jeder Getaufte für seinen Glauben und seine Kirche einsetzen. Kirche darf jedenfalls vor allem nicht unflexibel sein. Sollen wirklich nur Kirchenmitglieder die Möglichkeit einer kirchlichen Trauung oder Beerdigung haben? Oder brauchen wir nicht viel eher Lösungen, die nicht ausgrenzend sind, um insgesamt einladend zu wirken?

Noch mal zurück zum Bewerberfeld. Was bevorzugen Sie? Jemand von außen, der frischen Wind reinbringt - oder jemanden aus der Landeskirche, der die Strukturen gut kennt?

Beides hat sicher seine Vor- und Nachteile. Ich würde aber sagen, das hängt ganz von der konkreten Person ab. Aktuell sichten wir im Wahlvorbereitungsausschuss die Vorgeschlagenen arbeitsteilig in kleinen Gruppen, dann tragen wir unsere Ergebnisse zusammen, diskutieren und treffen eine erste Auswahl. Bislang war die landeskirchliche Herkunft der Kandidatinnen und Kandidaten kein Bonus oder Malus - sie hat schlichtweg in dieser Phase noch keine Rolle gespielt. Wir orientieren uns momentan im Wesentlichen an den Profilbeschreibungen, die die Ausschüsse der Landessynode über den Sommer erarbeitet haben. Diese sind für uns die Richtschnur, die uns leitet.

"Es werden wohl mehr als drei Wahlgänge werden."

Zum Schluss einen ganz persönlichen Tipp - oder nennen wir es Prognose oder auch Hoffnung: Wie viele Wahlgänge werden es bei der Frühjahrssynode 2023?

Oh, das ist schwer zu sagen. Da ich den entscheidenden Blick in die Glaskugel nicht habe, wird jede zuverlässige Schätzung schwierig. Aber es werden wohl mehr als drei Wahlgänge werden, glaube ich.