Wer Hilfe sucht im Psychosozialen Beratungszentrum (PSZ) für Flüchtlinge, muss mit einer Wartezeit von acht Monaten rechnen, bis er drankommt. Die beiden Sozialpädagoginnen und zwei Psychologinnen bieten 1.300 Beratungen pro Jahr für fast 300 Einzel- oder Gruppenklienten an, mehr schaffen sie nicht.

"Die vier Expertinnen gehen von einem Bedarf aus, der wohl doppelt so hoch ist", sagt Georg Borngässer, der Sprecher des Trägers der Einrichtung, der Rummelsberger Diakonie.

Flüchtlinge haben viel erlitten

Oft haben Flüchtlinge auf ihrem Weg viel erlebt und erlitten. Im PSZ erzählen sie davon, wie sie Zeuginnen und Opfer von Vergewaltigungen wurden, dass sie gefoltert wurden oder erleben mussten, wie kleine Kinder ertranken, Menschen geschlagen wurden. Manche von ihnen finden in der angebotenen Kunsttherapie Hilfe.

Die Flüchtlingsarbeit sei eine zentrale Aufgabe der Rummelsberger, betont Barbian, Vorstand der Rummelsberger und Brüdersenior. "Es ist uns ein Herzensanliegen, dass diese Zielgruppen die optimale Versorgung bekommen."

Finanzierungszusagen wurden wackelig

Dennoch hat das Vorstandskollegium der Rummelsberger bereits 2020 entschieden, dass das PSZ über das Jahr 2023 hinaus nicht mehr betrieben wird. Man könne sich jährliche Zuzahlungen von rund 200.000 Euro aus Spendengeldern nicht leisten. "Die Arbeit stellt niemand in Frage, aber sie muss auskömmlich gefördert werden", sagt Barbian. Die Finanzierungszusagen seien "wackeliger" geworden und die Zeiträume, für die sie gelten würden, kürzer.

Viele Akteure seien an der Finanzierung solcher Stellen beteiligt, stellt Barbian fest. Daher schlage er vor, dass sich einmal alle zusammensetzten und eine Lösung suchten, wie die Einrichtung finanziert werden könne. Den Freistaat Bayern, das betont Barbian wiederholt, erlebe er als einen verlässlichen Partner.

"Aber wie kommen wir zu einer größeren Verlässlichkeit?"

Aus dem bayerischen Innenministerium kommt das Signal, dass eine finanzielle Unterstützung weiter möglich ist. "Voraussetzung hierfür ist jedoch ein Förderantrag der Rummelsberger beim Asyl- und Migrationsfonds (AMIF)", erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Der müsse über den Diakonie-Dachverband gestellt werden.

Weniger Unterstützung von der Landeskirche

Auch die Sozialreferentin der Stadt Nürnberg, Elisabeth Ries, sieht in den Bundesmitteln einen Lösungsweg. Die Stadt Nürnberg hat im letzten Haushalt 13.000 Euro Unterstützung für das PSZ bereitgestellt. Diese Summe werde sicher nicht mehr aufgestockt.

Ries räumt ein, dass man es mit dem Finanzierungssystem für die Stellen für Flüchtlings- und Integrationsberatung (FIB) mit einer komplexen Gemengelage zu tun habe. Die Stellen im PSZ unterstütze die Stadt freiwillig, weil viele der Hilfe suchenden Flüchtlinge nicht aus den staatlichen Ankerzentren kämen, sondern bereits in anderen Unterkünften lebten.

Weniger Unterstützung als in früheren Zeiten erhalten die Rummelsberger von der bayerischen evangelischen Landeskirche. Sie hat ihre Zuschüsse eingeschränkt und sie fördere in der Flüchtlingsarbeit vorwiegend neue Projekte, erklärt Barbian. Das habe eine "schlüssige Logik, aber sie erfasst uns nicht, weil wir wegen unseres langjährigen Engagements aus dieser Logik rausfallen". Die Stadt Nürnberg folge auch ihrer Logik, ebenso wie der Bund - und die Rummelsberger gingen dann leer aus.

Traumatisierte Flüchtlinge fallen hinunter

Hinunter fallen letztlich traumatisierte Flüchtlinge wie Samir Amatov (Name geändert). Er wurde in seiner Heimat politisch verfolgt, schreiben die Rummelsberger auf ihrer Homepage. Er hat von mehreren Ärzten die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung erhalten.

Amatov erzählt, er sei politisch verfolgt und misshandelt worden. Er kam in dem Kunstprojekt ARTogether des PSZ unter. Seit seiner Teilnahme am Kunstprojekt und an der ambulanten Psychotherapie musste er kein weiteres Mal in eine Klinik, berichtet er erleichtert.

Welche Kosten einer Gesellschaft entstehen, wenn es keine Prävention gibt, werde im sozialen Bereich meist nicht errechnet, bedauert Peter Barbian. Diese Art der Betrachtung habe sich bisher nur im Gesundheitsbereich an mehreren Stellen durchgesetzt. An der Debatte über den Erhalt des PSZ störe ihn, sagt der Vorstand, dass in Vergessenheit gerate, was all die Jahre davor geleistet wurde.

PSZ ist überregionale Größe

Das Psychosoziale Zentrum besteht seit 1980, seit 2002 gehört es zur Rummelsberger Diakonie. Die hat die Einrichtung übernommen, als ihr Schicksal einmal wieder am seidenen Faden hing.

Millionen seien in diesen Arbeitsbereich geflossen und nun reichten die Kräfte nicht mehr, sagt der Rummelsberger-Vorstand. Ein Grund sei, dass die Mitarbeiterinnen des PSZ sehr viel Erfahrung hätten und besser eingruppiert seien, als etwa Studienabgängerinnen. Reguläre Zuschüsse sind daher nicht "auskömmlich".

Wegen der Erfahrung im PSZ ist es aber inzwischen überregional eine Größe. Dort holen sich Kolleginnen und Kollegen aus ganz Bayern Hilfe, erläutert Rummelsberger-Sprecher Borngässer. Es sei ein Netz entstanden, mit dessen Hilfe manchmal die mühevolle und langwierige Suche nach Hilfen für die Flüchtlinge abgekürzt werde.

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