Mehr als 153.000 Menschen in Bayern sind vergangenes Jahr aus der katholischen Kirche ausgetreten. Insgesamt verloren die fünf Bistümer und zwei Erzbistümer mehr als 203.000 Mitglieder. Somit leben im Freistaat nun noch knapp 6 Millionen Katholiken, ein Bevölkerungsanteil von etwa 45 Prozent. In allen Bistümern und Erzbistümern lagen die Austrittszahlen in 2022 deutlich höher als noch 2021. Die Bischöfe und leitenden Geistlichen zeigten sich angesichts der Zahlen erschüttert, erschrocken und betroffen.

Im Erzbistum München und Freising sank die Zahl der Mitglieder zwischen 2021 und 2022 um fast 63.000 Menschen auf nun 1,49 Millionen - darunter befanden sich rund 49.000 Austritte. Damit sinkt die Zahl der im Erzbistum lebenden Katholikinnen und Katholiken erstmals seit langem unter die 1,5-Millionen-Marke. Im Erzbistum Bamberg sank die Zahl der Mitglieder um rund 25.000 (Austritte: 15.700) auf nun rund 607.000. Im Bistum Augsburg ging die Zahl der Mitglieder um fast 38.000 (Austritte: 30.900) auf 1,18 Millionen zurück.

Katholische Kirche verliert weiter Mitglieder in Bayern

In Regensburg sank die Zahl um etwa 31.200 Mitglieder (Austritte: 23.800) auf 1,7 Millionen zum Jahresende. Im Bistum Passau waren es minus 11.400 Kirchenmitglieder (Austritte: 9.300), dort leben nun noch ungefähr 431.600 Katholiken. Im Bistum Würzburg sank die Zahl der Kirchenmitglieder binnen Jahresfrist um mehr als 23.800 auf nun 665.700 - darunter waren rund 16.000 Austritte. Im kleinsten bayerischen Bistum Eichstätt sank die Mitgliederzahl um 13.400 Menschen auf nun 359.800. Die Zahl der Austritte lag bei etwa 8.600.

Der Münchner Generalvikar Christoph Klingan sagte, die hohen Austrittszahlen seien "nicht zu beschönigen und die Entwicklung besorgniserregend". Er macht dafür auch "die Fälle sexuellen Missbrauchs" sowie den "mangelhaften Umgang" seitens der Kirche dafür verantwortlich. Der Würzburger Bischof Franz Jung sagte, die hohen Austrittszahlen seien "ein Indiz für die vielen Zerreißproben und Spannungen" in der Kirche - dazu zähle auch der Konflikt zwischen Rom und Deutschland, wo sich die Kirche um Erneuerung bemühe.

Erklärungsversuche

Der Passauer Bischof Stefan Oster machte die Missbrauchsfälle und Finanzskandale für die Austrittszahlen mitverantwortlich, der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke sagte, die Menschen hätten mit ihren Austritten "der Kirche Hausaufgaben mit auf den Weg" gegeben. Der Augsburger Bischof Bertram Meier sagte, die Kirche habe "viel Vertrauen verspielt" und brauche Geduld, ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, der Bamberger Diözesanadministrator Weihbischof Hedwig sagte, nicht jeder Ausgetretene habe seinen Glauben verloren.

Unter den 27 Bistümern waren die Erzbistümer Köln, München und Berlin prozentual besonders von Austritten betroffen. Insgesamt lag die Austrittsrate für alle Bistümer bei 2,4 Prozent, in München bei über drei Prozent. Im Erzbistum München war Anfang 2022 ein Gutachten veröffentlicht worden, das auch der Bistumsleitung erhebliche Versäumnisse bei Missbrauchsfällen attestierte. Auch dem früheren und inzwischen verstorbenen Papst Benedikt XVI. und früheren Erzbischof von München, Joseph Ratzinger, wurden Vorwürfe gemacht.

Austritte aus der evangelischen Kirche

Auch die evangelische Kirche in Bayern hatte vergangenes Jahr so viele Mitglieder verloren wie noch nie zuvor in zwölf Monaten. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) hatte die Zahlen bereits im März 2023 mitgeteilt. Demnach kehrten 48.542 Menschen der evangelischen Kirche im Jahr 2022 den Rücken. 2021 lag die Zahl der Austritte bei 36.580. Die Zahl der Mitglieder sank damit Ende 2022 auf 2,143 Millionen Menschen. Eingetreten sind in die ELKB im vergangenen Jahr 2.786 Menschen, 2021 waren es 2.330 Personen.

Auch bundesweit hat die katholische Kirche vergangenes Jahr deutlich an Mitgliedern verloren - mehr als 700.000. Grund dafür ist die Rekord-Zahl an Kirchenaustritten in Höhe von 522.821 Menschen, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch in Bonn bekannt gab.

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