Die evangelische Landeskirche in Bayern weiht diesen Sonntag ab 11 Uhr in Nürnberg ein neues Seelsorge- und Teilhabezentrum ein. Das fünfstöckige Gebäude am Egidienplatz ist in den vergangenen eineinhalb Jahren saniert worden. Dort ziehen nun die Blindenseelsorge, die Gehörlosen- und Schwerhörigen-Seelsorge sowie die Gebärdensprachliche Kirchengemeinde ein, sagte Kirchenrat Ingo Schurig vom Landeskirchenamt dem Evangelischen Pressedienst epd am Mittwoch. Kauf und Umbau des Hauses hätten rund 5,5 Millionen Euro gekostet.

Seines Wissens sei das kirchliche barrierefreie Zentrum bisher das einzige seiner Art in Deutschland. Seit Langem sei in der Landeskirche über eine Einrichtung für Menschen nachgedacht worden, die wegen ihrer Behinderungen "nicht wirklich einen Ort in den Kirchengemeinden finden", sagte Schurig. Für sie wolle man eine Heimat schaffen.

Inklusion sei zwar in aller Munde, aber es brauche auch Spezialisierungen für diese Zielgruppen.

Der landeskirchliche Beauftragte für die Gehörlosenseelsorge, Matthias Derrer, sagte dem epd, es gebe in den Einrichtungen auch inhaltliche Synergien. Wegen der so unterschiedlichen Kommunikation von blinden Menschen und gehörlosen Menschen "werden wir aber sehr aufeinander achten müssen".

Das energetisch renovierte Haus bietet den rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Besuchern, die Beratung oder Seelsorge brauchen und der Gebärdensprachlichen Gemeinde Veranstaltungsräume im Erdgeschoss. Besprechungsräume und Büros gibt es auf den Stockwerken.

"Bis zum Klingelschild musste alles bedacht werden", schilderte Schurig die Planungen des Hauses.

Das Treppenhaus und der Aufzug wurden aufwendig umgestaltet. Nun müssen Menschen, die schlecht oder gar nicht hören, nicht mehr erschrecken, wenn plötzlich Gegenverkehr um die Ecke biegt, erläuterte Matthias Derrer. Der Aufzug habe eine Glastür bekommen, eine Ansage für Blinde teilt die erreichte Etage mit und kündigt die Fahrtrichtung an. Für sehbehinderte Menschen wurde die Hauseinrichtung möglichst kontrastreich gestaltet. Es gibt zum Beispiel schwarze Lichtschalter auf weißem Grund.

Derrer sagte aber auch, in dem Haus hätten sich nicht alle Wünsche erfüllen lassen. So müssen die Nutzer und die benachbarte Kirchengemeinde St. Egidien weiter auf einen großen Saal verzichten, der etwa für Gemeindefest nutzbar gewesen wäre. Auch bei der Haussprechanlage oder dem Aufzug selbst sei noch nicht das alles realisiert worden, was für ein vollkommen barrierefreies Haus benötigt worden wäre. Eine Notruf-Videoverbindung für Gebärdensprechende aus einem steckengebliebenen Aufzug sei noch nicht auf dem Markt, eine Eigenentwicklung wäre zu teuer gekommen, erklärte Derrer.

Noch eingebaut werden demnächst Orientierungshilfen am Boden für Sehbehinderte.

Derrer bedauerte die fehlenden Details: "Wir müssen den Selbsthilfegruppen oder den Behindertenvertretern, die zu uns kommen werden, hierfür Rede und Antwort stehen."

Zur Einweihung des Zentrums kommt am Sonntag der Leiter der "Gesellschaftsbezogenen Dienste" im Landeskirchenamt, Oberkirchenrat Stefan Blumtritt. Er hält in der Egidienkirche die Predigt im Festgottesdienst, teilte die Kirche mit.