Kirchenrätin Barbara Pühl leitet die Stabsstelle für Chancengerechtigkeit in der bayerischen Landeskirche. Die 42-Jährige kümmert sich um das Zusammenleben und Zusammenarbeiten der unterschiedlichen Menschen in der evangelischen Kirche in Bayern, vor allem dort, wo körperliche, soziale oder kulturell geprägte Gegebenheiten zu Benachteiligung und Diskriminierung einzelner Personen oder Gruppen führen. Zum Weltgebetstag der Frauen äußert sich die evangelische Pfarrerin zur Situation der Frauen in der Kirche.

 

Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Gibt es das auch innerhalb der Landeskirche? Und wenn ja: Was wird dagegen unternommen?

Pühl: Es wäre ein frommer Wunsch, zu glauben, dass es sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz nicht auch in der Kirche gibt. Die fremde Hand auf dem Knie oder der Blick über die Schulter ins Dekolleté, während Frau am Schreibtisch sitzt – solche vermeintlich harmlosen Grenzüberschreitungen und leider noch wesentlich extremere Fälle gibt es auch in der Kirche. Gesetze können vielleicht abschreckende Wirkung haben, aber wichtiger ist Aufklärung und engagierte Präventionsarbeit. Hier macht sich die Landeskirche gerade auf den Weg.

 

In Kirche und Diakonie ist die Zahl der Frauen in Leitungsämtern immer noch sehr gering: Was muss geschehen, damit sich das ändert?

Pühl: Wichtig sind flexible äußere Rahmenbedingungen, die grundsätzlich die Vereinbarkeit von Leitungsjob und Familie ermöglichen: Zum Beispiel Sitzungen am Spätnachmittag oder Abend nur in Ausnahmefällen und die Möglichkeit, auch mal von zu Hause aus zu arbeiten. Gleichzeitig muss es uns gelingen, innere Bilder zu überwinden. Sie sind bei Frauen und Männern nach wie vor stark vom klassischen Rollendenken geprägt und sind für Frauen in Führungspositionen eine zusätzliche emotionale Belastung. Nicht zuletzt haben Studien gezeigt, dass es nicht genügt, darauf zu warten, dass Frauen sich für Leitungsämter bewerben. Der Frauenanteil kann erhöht werden, wenn Frauen von denjenigen, die schon in Leitungspositionen sind, angesprochen, gefördert und mit einer realistischen Aussicht auf Erfolg motiviert werden.

 

Was bedeutet Ihnen presönlich der Weltgebetstag der Frauen?

Pühl: Die Weltgebetstagsarbeit ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie lange Frauen schon konfessionsübergreifende und globale Ökumene praktizieren. Davor habe ich großen Respekt. Insbesondere durch die unterschiedlichen Aktivitäten, die es bei vielen Frauengruppen im Kontext des Weltgebetstags gibt, findet wirkliche Begegnung und Gemeinschaft statt. In den Gottesdienst lässt sich das oft nur schwer übertragen – ebenso wie die wirklichen Lebensumstände und Schwierigkeiten der Frauen aus dem Themenland. Hier würde ich mir manchmal noch etwas mehr revolutionären Geist wünschen.