Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine davor gewarnt, andere humanitäre Katastrophen aus dem Blick zu verlieren.
Tödliche Fluchtrouten im Mittelmeer
"Die Gefahr jedenfalls ist groß, dass wir beispielsweise die tödlichen Fluchtrouten im Mittelmeer nicht mehr so wahrnehmen", sagte der evangelische Theologe dem Sonntagsblatt. Bedford-Strohm nahm beim Katholikentag in Stuttgart vergangene Woche an einer Podiumsdiskussion zur Seenotrettung teil, denn:
"Das Thema ist nach wie vor sehr wichtig."
Nach Angaben von Seenotrettungsorganisationen geraten weiterhin jede Woche Hunderte Geflüchtete auf den gefährlichen Mittelmeer-Routen in Seenot. "Unsere Aufgabe ist es, auf diesen Skandal, dass sich die europäischen Staaten nach wie vor aus der Seenotrettung Geflüchteter zurückgezogen haben, weiter hinzuweisen", erläuterte der bayerische Landesbischof.
Geflüchteten beim Ertrinken zusehen ist keine Option
Es dürfe nach wie vor "keine Option" sein, den Geflüchteten beim Ertrinken einfach zuzusehen, so Bedford-Strohm:
"Deshalb war und ist gerade auch das kirchliche Engagement in der Seenotrettung absolut richtig."
Dass sich einige europäischen Länder in der aktuellen Situation Flüchtlingen aus der Ukraine offener zeigen als vor Jahren gegenüber Geflüchteten aus dem arabischen Raum, löse bei ihm nicht etwa Verbitterung aus, sagte Bedford-Strohm:
"Zuallererst nehme ich das mit Dankbarkeit zur Kenntnis. Denn man kann sich immer darüber freuen, wenn Menschen in Not geholfen wird."
Gleiches Recht für alle
Gleichwohl müsse man sehr genau darauf achten, dass es keine Geflüchteten erster und zweiter Klasse gibt, erläuterte der Landesbischof:
"Menschlichkeit kennt keine Abstufungen - es gibt sie ganz oder gar nicht."
Bedford-Strohm erinnerte auch an weitere humanitäre Krisen wie etwa die Hungersnot und Dürre in ostafrikanischen Staaten wie Kenia. Zugleich müsse man sich klarmachen, dass man "alleine nicht alles Leid der Welt tragen oder auflösen kann". Man dürfe sich trotzdem nicht immer vom aktuellen Nachrichtengeschehen und dem medialen Fokus leiten lassen:
"Ich versuche, von Themen wie etwa der Seenotrettung, die mir wichtig sind, auch dann nicht den Blick abzuwenden, wenn sie mal nicht mehr in den größten Schlagzeilen landen."