Wer wird 2023 in Bayern zum Landesbischof oder zur Landesbischofin gewählt? Das große Rennen um die Kandidatinnen und Kandidaten in der evangelischen Kirche in Bayern hat begonnen. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte der Landesbischöfe in Bayern.
Das Amt des bayerischen evangelischen Landesbischofs ist relativ jung. Oberhaupt der Bayerischen Landeskirche war seit ihrem Entstehen Anfang des 19. Jahrhunderts als "Summus episcopus" der jeweilige (katholische!) König von Bayern. Die Amtsgeschäfte wurden von einem Oberkonsistorialpräsidenten geführt. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 wurde durch die Kirchenverfassung im Jahr 1920 das Amt des Kirchenpräsidenten geschaffen.
Ein Landesbischof bzw. eine Landesbischöfin wird für zwölf Jahre gewählt, sein Amt endet mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Dieses Amt wurde während des Nationalsozialismus geändert - fortan bekam dieses Amt die Bezeichnung "Landesbischof".
Der Fahrplan für die Bischofswahlen 2023 steht bereits fest. Wie es weitergeht, erklären wir hier.
Chronologie der bayerischen evangelischen Landesbischöfe
- 2011-2023: Heinrich Bedford-Strohm (geb. 1960)
- 1999-2011: Johannes Friedrich (geb. 1948)
- 1994–1999: Hermann von Loewenich (1931-2008)
- 1975–1994: Johannes Hanselmann (1927-1999)
- 1955–1975: Hermann Dietzfelbinger (1908-1984)
- 1933–1955: Hans Meiser (1881-1956)
- 1917–1933: Friedrich Veit, Kirchenpräsident (bis 1921 Oberkonsistorialpräsident) (1861-1948)
Chronologie der "Kirchenpräsidenten" der evangelischen Kirche bis 1933
- 1909–1917: Hermann Bezzel, Oberkonsistorialpräsident
- 1897–1909: Alexander von Schneider, Oberkonsistorialpräsident
- 1883–1897: Adolf von Stählin, Oberkonsistorialpräsident
- 1879–1882: Johann Matthias Meyer, Oberkonsistorialpräsident
- 1852–1879: Adolf von Harleß, Oberkonsistorialpräsident
- 1848–1852: Friedrich Christian von Arnold, Oberkonsistorialpräsident
- 1828–1848: Karl Friedrich von Roth, Oberkonsistorialpräsident
- 1818–1828: Carl August von Seckendorff, Oberkonsistorialpräsident
Alle Landesbischöfe in Bayern auf einen Blick
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm
Heinrich Bedford-Strohm studierte evangelische Theologie in Erlangen, Heidelberg und Berkeley (USA). Im Anschluss daran war er von 1989 bis 1992 Assistent am Lehrstuhl für Systematische Theologie und Sozialethik der Universität Heidelberg bei Wolfgang Huber, dem späteren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Weitere Stationen waren ein Gastvikariat im badischen Heddesheim, eine Gastprofessur am Union Theological Seminary in New York und eine Professur an der Universität Gießen. Von 1997 bis 2004 war Bedford-Strohm Pfarrer an der Coburger Moritzkirche.
2004 folgte er einem Ruf an die Universität Bamberg als Professor für Systematische Theologie und Gegenwartsfragen. Ab 2008 leitete er dort auch die Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie. Zudem lehrte der Theologieprofessor ab 2009 an der Universität Stellenbosch in Südafrika. In der EKD war er unter anderem stellvertretender Vorsitzender der Kammer für soziale Ordnung. Bedford-Strohm ist 1960 in Memmingen im Allgäu geboren und im oberfränkischen Coburg in einer Pfarrfamilie aufgewachsen. Er ist verheiratet mit der Psychotherapeutin Deborah Bedford-Strohm, das Paar hat drei Söhne. Unter dem Titel "Wer's glaubt, wird selig" veröffentlichte Bedford-Strohm 2013 ein Glaubensgespräch mit seinem Sohn Jonas.
Landesbischof Johannes Friedrich
Johannes Friedrich ist als Sohn eines Theologen in Westfalen geboren und in Erlangen aufgewachsen. Er arbeitete als Studentenpfarrer in Nürnberg und ging als Propst nach Jerusalem. Nach seiner Rückkehr wurde er Stadtdekan in Nürnberg. 1996 wurde er in die Landessynode gewählt. 1999 wurde Friedrich zum Landesbischof gewählt.
Die große Debatte in seiner Amtszeit um die Umbenennung von der nach Landesbischof Hans Meiser benannten Straßen war so eine Geschichte, bei der er sich mehr Differenzierung gewünscht hätte. Meiser war von 1933 bis 1955 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Hintergrund der Debatte waren antisemitische Äußerungen von Meiser.
Landesbischof Hermann von Loewenich
Hermann von Loewenich begann nach seinem Theologiestudium als Studieninspektor am Nürnberger Predigerseminar. 1962 wurde er Studentenpfarrer und Gemeindepfarrer der Egidienkirche in Nürnberg. 1969 übernahm er die Leitung des oberfränkischen Dekanats Kulmbach ehe er 1976 als Stadtdekan in seine Heimatstadt zurückkehrte.
Von 1972 an war er einer der führenden Köpfe in der Landessynode und Sprecher des progressiven Flügels, bis er 1985 Regionalbischof des Kirchenkreises Nürnberg wurde. 1994 wählte das Kirchenparlament den 62-Jährigen in einem sechsstündigen Wahlkrimi an die Spitze der Landeskirche.
In seiner Amtszeit wurde der Veto-Paragraph abgeschafft, mit dem konservative Gemeindepfarrer Kolleginnen verhindern konnten. Die Gleichstellung der Frau fand Eingang in die Kirchenverfassung. Ein neues Gesangbuch erschien. Tief bewegt trat er 1998 bei der Landessynode in Nürnberg ans Rednerpult, um mit dem Schuldbekenntnis der Kirche den Weg zur Aussöhnung mit den Juden freizumachen. Als erster nannte Loewenich das Versagen seines Amtsvorgängers Hans Meiser öffentlich beim Namen. Nach dem Abschied vom Bischofsamt übernahm Loewenich in seiner Heimatstadt den Vorsitz der mittelfränkischen Bürgerbewegung für Menschenwürde. Er saß im Verwaltungsrat des Germanischen Nationalmuseums und im Kuratorium des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände.
Landesbischof Johannes Hanselmann
Johannes Hanselmann stammte aus einem schwäbischen Pfarrhaus. Noch als 17-Jähriger wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und schwer verwundet. Im Lazarett entschloss sich Hanselmann, der ursprünglich Architekt werden wollte, zum Theologiestudium. Nach dem Studium, das er teilweise in den USA absolvierte, wurde er Gemeindepfarrer in Oberfranken. Die turbulenten sechziger Jahre erlebte Hanselmann hautnah als Leiter des "Hauses der Kirche" in Berlin. Danach wurde er Kreisdekan in Bayreuth und 1975 im Alter von 48 Jahren zum Bischof gewählt.
Bereits zu Beginn seiner Amtszeit hatte Hanselmann den Weg für die Frauen ins Pfarramt geebnet und als Bischof das Kirchengesetz zur
Ordination der Pfarrerinnen unterzeichnet. Dies war von seinem Amtsvorgänger Hermann Dietzfelbinger noch strikt abgelehnt worden. Als Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB) setzte sich der bayerische Altbischof für eine faire Partnerschaft der Kirchen in Europa und der Dritten Welt ein.
Landesbischof Herrmann Dietzfelbinger
Herrmann Dietzfelbinger stand 20 Jahre an der Spitze der Bayerischen Landeskirche. Sechs Jahre lang amtierte der konservative Lutheraner als Ratsvorsitzender der EKD. Nach seinem Studium war Dietzfelbinger als junger Pfarrer in Sachsen und setzte sich in seiner Pfarrei im unterfränkischen Rüdenhausen für die christliche Schule ein.
Nach 1945 war Dietzfelbinger als Rektor des bayerischen Predigerseminars für die Ausbildung der jungen Pfarrer zuständig. Er war Rektor der Diakonissenanstalt im mittelfränkischen Neuendettelsau. Um dem Personalmangel in den Pflegeheimen zu beheben, initiierte er das freiwillige "Diakonische Jahr" für Mädchen. Daraus entwickelte sich das "Freiwillige Soziale Jahr" in ganz Deutschland.
1955 wurde Dietzfelbinger zum Landesbischof gewählt - mit 47 Jahren als jüngster Bischof innerhalb der EKD. Hauptaufgabe war es, die Kriegsflüchtlinge in das kirchliche Leben zu integrieren und neue Gemeinden zu schaffen. 1967 wurde er zum EKD-Ratsvorsitzenden gewählt. 1975 ging Dietzfelbinger in den Ruhestand.
Landesbischof Hans Meiser
Hans Meiser gehört zu den umstrittendsten Landesbischöfen der bayerischen Landeskirche. Seine Haltung während des Nationalsozialismus löste eine kontroverse Debatte über die Rolle der Kirche in der NS-Zeit aus. Viele Städte wie Nürnberg oder München beschlossen die Umbenennung ihrer Meiserstraßen. Auslöser der Diskussion waren massive antisemitische Äußerungen Meisers.
Meiser studierte Theologie in Erlangen, Berlin und Halle, leistete 1904 seinen Militärdienst und arbeitete nach der Ordination zum Pfarrer in Bayreuth und dann in Weiden in der Oberpfalz. Später war er Pfarrer an der St. Matthäuskirche in München und Vorstand in der Münchner Diakonissenanstalt. Er war Mitbegründer des Predigerseminars in Nürnberg und des landeskirchlichen Archivs. Ab 1928 war er Oberkirchenrat im Landeskirchenamt. 1933 wurde er in das neue Amt des Bischofs eingeführt. 1936 gehörte er zum Rat der Evangelisch-Lutherischen Kirchen Deutschlands. 1938 ließ er die Pfarrerschaft in Bayern den Eid auf Hitler ablegen. 1945 bekennen die Bischöfe im Stuttgarter Schuldbekenntnis ihre Mitschuld am Leid durch den Nationalsozialismus. 1955 geht Meiser in den Ruhestand.
Zum Amt des evangelischen Landesbischofs bzw. der Landesbischöfin in Bayern
Das Amt des Landesbischofs/der Landesbischöfin muss von einem Pfarrer ausgeübt werden - so steht es im Kirchengesetz. Von einer gendergerechten Sprache war die evangelische Kirche bei der Gesetzgebung noch weit entfernt. Dennoch ist es ganz interessant, zu wissen, welche Aufgaben ein Landesbischof eigentlich hat.
Hier der Gesetzestext im Auszug:
"Das Amt des Landesbischofs muss von einem Pfarrer ausgeübt werden. Das Amt und die Aufgaben des Landesbischofs sind in den Artikeln 59-62 der Verfassung niedergeschrieben: Die Landessynode wählt den Landesbischof mit Zwei-Drittel-Mehrheit, bei einem möglichen dritten Wahlgang würde jedoch auch die einfache Mehrheit genügen (Artikel 61).
Der Landesbischof ernennt die Kirchenbeamten und Pfarrer, ist für die Ausfertigung und Verkündung von Kirchengesetzen zuständig und hat den Vorsitz im Landeskirchenrat. Zudem vertritt er die Landeskirche in der Öffentlichkeit und in ökumenischen Fragen.
Auch ist er dazu angehalten, der Seelsorger für die rund 2.800 Pfarrer und Pfarrerinnen zu sein. Der Landesbischof bzw. der Landesbischöfin sieht sich als „primus inter pares", als Erster unter Gleichen. Dies bedeutet einerseits, dass seine Stimme im Landeskirchenrat nicht mehr Gewicht hat, als die der anderen Oberkirchenräte und andererseits, dass sein gepredigtes Wort nicht mehr zählt, als das eines Pfarrers. Allerdings hat er 'das Recht in allen Gemeinden oberhirtlich tätig zu sein.'"