Mitte März ist es so weit: Da kehren die ersten Wiedehopfe aus ihren südlichen Winterquartieren zurück. In ganz Deutschland sind es allerdings nur rund 800 Paare, die hier brüten. Der zum Vogel des Jahres 2022 gewählte Wiedehopf gilt in den Nachbarländern Belgien, Luxemburg und Niederlande sogar als ausgestorben.

Die auffällige Federhaube, die der Vogel aufstellen oder flachlegen kann, macht den Wiedehopf unverkennbar. Überhaupt ist er ein echter Hingucker. Das bewirken auch die wie Bänder aussehenden schwarz-weißen Konturen an Flügeln und Schwanz.
Wer so auffällig ist, muss sich wirkungsvoll gegen seine Feinde schützen. Die stärkste Waffe des Wiedehopfs ist sein Gestank. Aus der Bürzeldrüse geben insbesondere die Weibchen im Nest ein übelriechendes Sekret ab, das potenziellen Fressfeinden ordentlich den Appetit verdirbt. Die Fähigkeit, Kot und Sekret gefährlichen Tieren entgegenzuspritzen, ist einzigartig in der Vogelwelt.

In der christlichen Tradition hat der Wiedehopf keinen guten Ruf

In der christlichen Tradition hat der diesjährige Vogel des Jahres keinen allzu guten Ruf. Sein auffällig hübsches Gefieder steht für Hochmut, sein Gestank für Unreinheit und Unzucht.
In Mitteleuropa ist es für den Wiedehopf in den vergangenen Jahrzehnten lebensfeindlich geworden. Pestizide in der Landwirtschaft und zerstörte Brutbiotope haben den Vogel vertrieben. Vornehmlich der Insektenschwund erschwert ihm das Leben, denn die Hauptnahrung des Wiedehopfs sind Maulwurfs- und Feldgrillen, Engerlinge, Raupen und Käfer.

Vogelfreunde haben sich bemüht, dem Wiedehopf in Deutschland neue Heimat zu geben. In Baden-Württemberg finden sich einzelne Brutpaare nach Angaben des Naturschutzbundes (Nabu) am Kaiserstuhl, im Markgräfler Land und im Tauberland. Besonders erfolgreich war seit 2007 Manfred Weber, Vorstandsmitglied beim Nabu Offenburg. In dieser Zeit ist die Zahl brütender Wiedehopf-Paare in der nördlichen Ortenau von eins auf 70 hochgeschnellt. Dafür erhielt Weber 2018 den Landesnaturschutzpreis.
Weber hatte 2007 ein Paar in seiner Region beobachtet und sofort begonnen, dem seltenen Gast weitere Nistkästen zur Verfügung zu stellen. Die hängen niedriger als bei anderen Vögeln, oft nur 40 bis 50 Zentimeter über dem Boden.

Der Wiedehopf hat sich wieder in Deutschland etabliert 

Für hungrige Marder ist das einerseits eine Einladung, andererseits hält der Gestank sie meistens davon ab, die Vögel zu fressen.
Das Anlocken des Wiedehopfs funktioniert aber nicht immer. Vor fünf Jahren feierte der Nabu die Wiederkehr des seltenen Zugvogels auf einer Streuobstwiese in Neuffen bei Esslingen. Dort brütete ein Paar. Allerdings hat sich das in den Folgejahren nicht fortgesetzt, bedauert Weber.

Als hilfreich erweist sich das Ende der militärischen Nutzung von Truppenübungsplätzen. Dort konnten sich Flora und Fauna geschützt entwickeln. Dem Wiedehopf gefällt es besonders auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen des bayerischen Donauwörth sowie der brandenburgischen Gemeinden Lieberose und Jüterbog. Vogelschützer fordern aber auch für andere Regionen die Einschränkung von Düngemitteln und Pflanzengiften, um Insekten das Leben zu erleichtern und damit für den Wiedehopf und weitere Vogelarten eine solide Nahrungsgrundlage zu schaffen.

Dass der Wiedehopf überhaupt Vogel des Jahres wurde, ist kein Expertenbeschluss, sondern das Ergebnis einer Online-Abstimmung. Dort setzte sich der hübsche Vogel mit fast 32 Prozent der Stimmen gegen andere Kandidaten wie die Mehlschwalbe (Platz zwei) und den Bluthänfling (Platz drei) durch. Im Jahr 1976 war der Wiedehopf schon einmal Vogel des Jahres.