Musikfans sind selten monotheistisch veranlagt, wenn es um den Himmel ihrer Idole geht. Eine Konsensfigur ist aber sicherlich "Gitarrengott" Jimi Hendrix, der neben anderen Göttern der sechs Saiten wie Eric Clapton, Carlos Santana oder Jeff Beck wegen seiner unkonventionellen Spielweise und Kreativität ebenso heraussticht wie durch sein kurzes Leben.

Er muss eine Urgewalt gewesen sein, die so manchen gestandenen Rock-Heroen seiner Zeit umgeblasen hat: Als John Allen Hendrix, genannt "Jimi", im Oktober 1966 von Linda Keith, damals Freundin von Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards", und Ex-Animals Bassist Chas Chandler in New Yorker Clubs entdeckt wurde, luden sie den jungen Wilden nach London ein.

Sie scharten Drummer Mitch Mitchell und Bassist Noel Redding um ihn und ließen die "Experience" zur Erfahrung von einem anderen Stern für all diejenigen werden, die sich gerade aus dem engen Korsett des Popsong-Musters zwängten und für die Hendrix’ ekstatische Gitarrensalven befreiend waren.

Das Verruchte des Rock

Die Beatles, The Who, Donovan oder Eric Clapton besuchten gespannt die ersten Auftritte der jungen Band.

Sie sahen einen farbigen Mittzwanziger mit langem, krausem Haar und Schnurrbart, der seine Gitarre im einen Moment wie eine zarte Nymphe liebkoste, um sie im nächsten Moment zuerst mit den Zähnen und hinter dem Rücken spielte, um sie schließlich auf dem Boden und in den Verstärkern zu zerdeppern.

Jimi Hendrix hatte dem Rock ’n’ Roll etwas Gewalttätiges und Verruchtes beigebracht. Noch Ende 1966 erschien die erste Single der Experience, "Hey Joe", und ihr Bandleader kehrte nach wenigen Monaten als Star zurück in die USA.

Ein dreiviertel Jahr später sollte er auf dem Monterey Pop Festival vor über 50 000 Menschen seine Gitarre anzünden und wie ein Opferlamm verbrennen. Manche waren entsetzt, die meisten elektrisiert.

Ein Gitarrengott war wie Phönix aus der Asche auferstanden. Und der sah sich bald als Hohepriester einer "elektrischen Kirche". So bekannte Hendrix in einem Interview:

"Ich habe mehr als alles andere an mich geglaubt. Und in gewisser Weise glaube ich auch an Gott. Wenn es einen Gott gibt und er dich gemacht hat, dann glaubst du auch an ihn, wenn du an dich glaubst (...) Wenn ich auf der Bühne stehe, das ist meine Religion. Meine Musik ist elektrische Kirchenmusik."

Legendärer Auftritt bei Woodstock

Diese erklang aber nicht lange. Hendrix schuf in nur drei Jahren mit "Are You Experienced?", "Axis: Bold as Love", "Electric Ladyland" und "Band of Gypsys" für die zeitgenössische Pop- und Rockmusik wegweisende Alben, in denen er die Grenzen der Stile auslotete und Generationen von Musikern beeinflusste.

Sein Auftritt auf dem Woodstock-Festival, bei dem er in seiner Solo-Interpretation der US-amerikanischen Nationalhymne Bilder von Flugzeugen und Bombern vor dem geistigen Auge der verdutzten Hörer in ohrenbetäubender Lautstärke aufsteigen ließ und damit ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg setzte, ist einer der größten Momente der modernen Musikgeschichte.

Welche Hendrix noch gesetzt hätte, darüber wird seit 50 Jahren trefflich spekuliert. Jimi strebte nach musikalisch höheren Sphären, wollte mit Jazz und Big Band experimentieren.

Zeitlebens begleiteten Alkohol und Drogen den rastlosen Musiker. Damit gingen Depressionen und Veränderungen in der Persönlichkeit des jungen Mannes einher, der mit seiner Popularität und seinem künstlerischen Anspruch immer wieder haderte.

Seine deutsche Freundin Monika Dannemann fand ihn am 18. September 1970 leblos in einem Londoner Hotel, wenig später verstarb Jimi im Krankenhaus.

Jimi Hendrix tragischer Tod

Ärzte stellten fest, dass Hendrix Alkohol und Schlaftabletten konsumiert hatte und an seinem Erbrochenen erstickt war – ein mittlerweile "klassischer Tod" für einen Rockmusiker, der ihn zusammen mit Kollegen wie Brian Jones, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain oder Amy Winehouse zum Mitglied des fiktiven "Club 27" machen, dem ausschließlich Musiker beitreten, die auf ähnliche Weise im selben Alter sterben.

Zwei Tage zuvor hatte Hendrix seine letzte Session mit Eric Burdon und seiner Band War in Ronnie Scott’s Jazz Club in London gespielt. Seinen letzten offiziellen Auftritt hatte er auf der Ostseeinsel Fehmarn beim "Love and Peace"-Festival.

Zurück bleiben: Mythen eines exzessiven Künstlerlebens, Bilder für die Ewigkeit und eine ganze Menge außergewöhnlicher Musik, der in ihren besten Momenten eine eigentümliche Spiritualität innewohnt. Für manchen Fan ist dies noch heute elektrische Kirchenmusik, wie es sie für Hendrix war.