Ein Blick in den Terminkalender der 16-jährigen Jana Schlüter zeigt eine vollgepackte Woche: Schule bis in den späten Nachmittag, lange Bus- und Bahnfahrten nach Hause, abends Posaunenchor oder Basketballtraining in der weiblichen Nachwuchs-Bundesliga. Trotzdem spricht Jana von jeder dieser Aktivitäten mit Begeisterung.
Eine musikalische Familie
Jana ist in eine musikalische Familie hineingewachsen: Ihre beiden Schwestern und ihre Eltern spielen Blechblasinstrumente. Während in anderen Familien vor dem ersten Schultag schon fleißig Buchstabenlesen geübt wird, lernt Jana von ihrer Mutter das Klavierspielen und das Notenlesen - indem sie die verschiedenen Tonhöhen mit Bildern verbindet: G für Gras und E für Elefant.
"Ich konnte Noten lesen, bevor ich Buchstaben lesen konnte."
Schon mit sechs Jahren beginnt sie, eine Ventilposaune zu spielen, ein seltenes Instrument. Die Tonhöhe dieses Blechblasinstruments wird nicht wie bei der gängigen Posaune durch den Zug bestimmt, sondern durch mehrere Ventile, ähnlich wie bei einer Trompete. Gelernt hat sie unter der Anleitung ihrer Mutter und mit einem Übungsheft aus der Buchhandlung.
Sobald Jana der Ventilposaune einige Töne entlocken kann, beginnt sie, bei den Jungbläsern der St.-Markus-Kirche in Ingolstadt zu spielen. Sie wechselt schnell auf das Tenorhorn, eine Art Miniatur-Tuba, mit dem sie in ihrem ersten Posaunenchor spielt. In der fünften Klasse steigt Jana um auf die Posaune.
Zehn Jahre später immer noch begeistert von Posaune
In ihrer Anfangszeit im Ingolstädter Posaunenchor sitzt ihr Vater neben ihr und zeigt ihr, wo sie einsetzen muss, wenn sie einmal den Anschluss verliert. Ihre Familie ist ein Grund, warum Jana heute, fast zehn Jahre später, immer noch begeistert ist von ihrem Instrument. Das Musizieren mit anderen Familienmitgliedern macht ihr besonders viel Spaß. Und ihre Familie ist gewachsen, denn die Mitglieder ihres jetzigen Posaunenchors zählen für sie genauso dazu wie ihre beiden Schwestern und ihre Eltern.
Gemeinsame Probefahrten an den Ammersee, Auftritte bei Familientreffen und das Gefühl, ein Teil eines Ganzen zu sein, haben sie motiviert, die Posaune trotz ihres vollen Terminkalenders nicht aufzugeben. Sie ist sogar froh um die Abwechslung:
"So habe ich einen Ausgleich. Beim Spielen kann ich mich nur auf die Noten und den Gesamtklang des Stücks konzentrieren und so gut abschalten. Das befreit die Woche sehr."
Auch in der Schule setzt Jana ihr musikalisches Talent ein. In ihrem ehemaligen Gymnasium in Ingolstadt spielte sie in einem Orchester, das es ohne ihre Hilfe womöglich gar nicht gegeben hätte. In der fünften Klasse tat sie sich mit einem ihrer Lehrer zusammen, um Schüler aus anderen Klassen zu finden, die ebenfalls Musik machen und interessiert waren an einem Orchester, das es zu dieser Zeit noch nicht gab. Noch im selben Jahr trat das schuleigene Ensemble zum ersten Mal auf.
Vom kleinen Prinzen bis La La Land
Zu ihrem heutigen Posaunenchor in München-Trudering ist Jana im Zuge des Umzugs der Familie von Ingolstadt nach München gekommen. Er hat etwa 30 Mitglieder, auch wenn nicht immer alle an jeder Probe teilnehmen können. Immer montags proben sie ein umfangreiches Repertoire, zu dem klassische Musik, Volkslieder, Choräle, Filmmusik bis hin zu moderner Popmusik zählt. Jana selbst spielt am liebsten "Musik mit Pep und einigen Akzenten", sagt sie. Am besten gefallen haben ihr Variationen des "Kleinen Prinzen" und die Titelmelodie von "La La Land", aber auch der Choral "Bleib bei mir, Herr", den sie im Posaunenchor in Ingolstadt so häufig gespielt hat, dass er heute untrennbar mit ihr verbunden ist.
Der Posaunenchor München-Trudering ist in den Sommermonaten nahezu jedes Wochenende zu hören. Ob bei einem Sommerkonzert, im Gottesdienst oder bei einer kurzen Serenade zu Gast in einer Münchner Kirche - die Musiker begeistern ihr Publikum mit den unterschiedlichsten Stücken. Am meisten Spaß macht Jana: "Das Spielen gemeinsam mit anderen Menschen!"
Musik bewegt und verbindet Fremde
Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr die beiden Pandemie-Jahre, in denen der Posaunenchor regelmäßig im Altenheim gespielt hat und wie sich die Bewohner darüber gefreut haben. Oder aber eine Probe im Wald, bei der immer mehr Spaziergänger auf die Musiker aufmerksam wurden. Es fasziniert Jana, wie sehr die Musik andere Menschen bewegen und Fremde verbinden kann.
Hören kann man Jana, ihre beiden Schwestern und ihren Vater am Landesposaunentag in Nürnberg. Sie spielen als Teil der Bezirksgruppe München und beim Abschlussgottesdienst mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Besonders freut sie sich aber darauf, mal wieder ein Wochenende zusammen mit ihrer Familie zu verbringen.