Im Harz ist in der Walpurgisnacht auch in diesem Jahr wieder der Teufel los. Vergangenes Jahr übernahmen an 20 Orten des Mittelgebirges am Abend des 30. April Hexen und andere unheimliche Gestalten das Kommando und machten mit Feuern, Festen und Fackelzügen die Nacht zum Tage. Der Harzer Tourismusverband ging von Zehntausenden Schaulustigen aus.
Hexen und Teufel fliegen oder marschierten unter anderem in Braunlage, Bad Grund, Hahnenklee, Schierke und Thale ein. In Braunlage, so versprach die Stadtverwaltung, verwandelte sich der Kurpark in einen "sprudelnden Hexenkessel". Besen und Dreizack schwingend führten Hexen und Teufel einen Umzug durch den Ort an. Erst gegen Mitternacht bereitete der Oberteufel höchstpersönlich mit einer flammenden Rede dem Spuk für dieses Jahr ein Ende.
Walpurgisnacht: Vorabend des 1. Mai
Nach weit verbreiteter Ansicht geht das heutige Touristenspektakel Walpurgisnacht auf vorchristliche keltische und germanische Bräuche und Aberglauben zurück. Am Abend des 30. April sollen die Hexen zum Brocken geritten sein, um sich dort am Feuer mit dem Teufel zu paaren. Unterwegs verhexten sie alles, was ihnen in die Quere kam.
Um ihr Vieh zu schützen, hefteten schlaue Bauern Kreuze und Kräuterbüschel an die Stalltüren. Wenn jemand neun Sorten Holz bei sich trug oder auf einem Schemel kniete und betete, mussten die oft als harmlose Reisigsammlerinnen getarnten Hexen dem Volksglauben zufolge ihre wahre Identität preisgeben.
Bereits Goethe schildert in seinem Drama "Faust" sowie in einer Ballade eine Walpurgisnacht. Esoteriker feiern mit dem Fest, das sie nach irischem Vorbild "Beltane" nennen, bis heute die Fruchtbarkeit, die Vereinigung und Zeugung und den Sieg des Sommers über den Winter.
Walpurgis-Kult: Auch christliche Wurzeln
Der Walpurgis-Kult hat aber auch christliche Ursprünge. So ist der 1. Mai Namenstag der Volksheiligen Walburga. 710 in England geboren, war sie Begründerin des Benediktinerinnen-Klosters im schwäbischen Heidenheim. Nach ihrem Tod am 25. Februar 779 wurden Walburgas Gebeine nach Eichstätt in Bayern gebracht.
Aus der Steinplatte, auf der ihre Reliquien ruhen, soll alljährlich eine ölähnliche Flüssigkeit quellen - das Walpurgisöl, das angeblich gegen alle Anfechtungen des Leibes und der Seele gut ist und in kleinen Fläschchen verkauft wird.
Auf dem Brocken, dem höchsten Berg im Harz, gab es im Jahr 1896 die erste für Touristen organisierte Walpurgisfeier. Ab 1899 konnten die Gäste mit der Brockenbahn den Berg hinauffahren. Aber bereits zwei Jahre später bereitete der damalige Brockenbesitzer, der Fürst von Stolberg-Wernigerode, dem Spektakel per Dekret ein Ende.
Felsformationen auf dem Brocken tragen bis heute die Namen "Hexenaltar" und "Teufelskanzel". Seit der deutschen Wiedervereinigung wird auf dem Brocken wieder Walpurgis gefeiert. Wer den Aufstieg zu Fuß scheut, kann sich von der dampfgetriebenen Brockenbahn unter Hexengeschrei und Teufelsgeheul den Berg hinaufschieben lassen.
Walpurgis-Brauch schwappte in andere Gegenden über
Vom Harz aus schwappte der Walpurgis-Brauch in den vergangenen Jahren auf andere Gegenden über. Ein beliebter Treffpunkt sind etwa die Externsteine im Teutoburger Wald. Am angeblich beliebtesten "Kraftort" Deutschlands kommen am 30. April viele Menschen zum Feiern oder Innehalten zusammen. Im emsländischen Emsbüren veranstaltet der örtliche Heimatverein wie schon in den Vorjahren einen Walpurgis-Markt.
Und auch in Bad Bodenteich in der Lüneburger Heide gibt es seit 2019 Walpurgis-Feiern. Sogar bis ins ostsächsische Großharthau in der Lausitz ist die Walpurgis-Tradition vorgedrungen.
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden
Solange man es als…
Solange man es als Touristenspektakel vermarktet mag es ein harmloses Geblödel sein. Es gibt aber gewisse Tendenzen dem ganzen mehr Bedeutung beizumessen: Druidentreffen in der Bretagne, satanische Action beim Songcontest und allerlei boomende Esotherik. In einer Welt, in der Sinn gesucht wird und den die Kirchen oft nicht mehr bieten sucht man in der heidnischen Vergangenheit. Nun leben wir in einer freien Welt, wo jedem ein wenig Spinnerei zugestanden sei und auch die Erforschung der Vergangenheit ist prinzipiell spannend. Ob uns der Rückgriff auf vorchristliche Rituale und Aberglaube zivilisatorisch wirklich weiterbringt, darf aber bezweifelt werden. Nun sind Skepsis und Einfordern von rationalem Denken aus christlicher Sicht vielleicht ein Treppenwitz der Geschichte, wo wir gerade landauf, landab über das Osterwunder sinniert haben und eine Theologie die solches als bloßen Mythos wegerklärt ist wenig mitreißend und sorgt offenbar für leere Häuser. Der Vorteil am Christentum ist allerdings, dass es Wunder zwar nicht ausschließt, aber vor allem versucht auch ohne gut durch das Leben zu kommen und dabei auf den orientalischen Humanismus und die Ratio der ollen Griechen und Juden zurückgreift um die Furcht in der Welt erträglich zu machen. Ich ziehe das Kraftorten und Kochbuchmagie aus dem Bibi Blocksberguniversum vor auch wenn man sich gerne einmal etwas verzaubern und beweihräuchern lässt. Schade, dass eine kirchennahe Zeitung so gar keine Haltung hier zeigt. Manchmal wäre Haltungsjournalismus gar nicht so bäh...
Ich bin erst vor kurzem in…
Ich bin erst vor kurzem in den Harz gezogen, und mir wurde schon viel über die Walpurgisnacht erzählt – von jedem ein bisschen was anderes, haha! Ich arbeite in einem Souvenirladen und bestelle regelmäßig Hexenfiguren, Anhänger und Co. nach. Die sind hier äußerst beliebt, vor allem bei Touristen. Die sehen übrigens so aus: https://euro-souvenirs.de/hexen/
Da dachte ich, ich sollte mich mal genauer mit diesem Fest auseinandersetzen. Es ist wirklich spannend zu sehen, wie solche Feste entstehen und sich über die Jahre weiterentwickeln, oder? Vielen Dank für den interessanten Einblick!