Im Winter kommen nur Waldbesitzer vorbei, im Sommer Radfahrer und Wanderer, die die beschauliche Region Linzgau schätzen. Ansonsten ist es hier so ruhig, wie man sich das für die Festtage immer wünscht. Nicht weit vom baden-württembergischen Pfullendorf (Kreis Sigmaringen) gibt es den Ort Bethlehem. Er besteht lediglich aus zwei Häusern, die an einer schmalen Straße liegen.
Ein ruhiger Ort mit acht Einwohner*innen
Acht Menschen wohnen hier insgesamt. Familie Lachmann ist vor einigen Jahren hergezogen. "Wir suchten einen ruhigen Ort, etwas mit Garten und in Nähe des Waldes", erzählt Roland Lachmann. Als der Makler ihm am Telefon die Adresse "Bethlehem 3" angab, konnte er es kaum glauben. Denn Lachmann arbeitet als Pastor einer Freikirche.
Bei der Besichtigung sah die Familie erstmals die alten Häuser mit Schuppen, Grünland, Wald und Weide. Die Lachmanns waren begeistert, genau das hatten sie gesucht. Die Entscheidung für Bethlehem, das am Linzgauer Jakobsweg liegt, haben sie nie bereut.
Als Pastor betreut Lachmann die Siebenten-Tags-Adventisten in Überlingen, Pfullendorf, Konstanz und Singen. Am Wochenende ist er viel unterwegs, er predigt in zwei Landkreisen. Seine Predigten schreibt er aber auf seinem einfachen Landsitz.
Die Lachmanns haben acht Kinder, von denen nur noch die beiden Jüngsten, die Zwillinge Simon und Julian, zu Hause wohnen. Julian liebt das Anwesen, ein Paradies mit versteckten Winkeln, einem Bach, alten Gerätschaften.
Während im Winter nur die Postbotin im gelben VW-Bus den schwäbischen Weiler anfährt, ist es im Sommer belebter, berichtet Sonja Lachmann schmunzelnd. Immer wieder kommen Tagesgäste vorbei, die über elektronische Medien von dem legendären Namen erfahren und den Ort gezielt aufsuchen. Sie stellen sich vor das Ortsschild und machen Fotos.
200 Jahre Geschichte
Viele erstaunt es, dass dieses Bethlehem so winzig ist und aufhört, bevor es recht angefangen hat. Dabei passt der Name perfekt. Bereits das Bethlehem der Bibel war eine kleine Stadt, über die man in Jerusalem gerne spottete. Der Prophet Micha beschreibt es so:
"Und du, Bethlehem, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll der kommen, der in Israel Herr sein wird."
Woher der ungewöhnliche Name kommt, erzählt das Ehepaar Schweikart, das lange Jahre im Nachbarhaus wohnte, so: Vor etwa 200 Jahren wurden zwei Holzfäller in den Wald geschickt. Weil er drei Kilometer entfernt von ihrem Wohnort Reischach lag, kamen sie auf die Idee, am Waldrand ein Haus zu bauen, um sich den täglichen Marsch zu sparen. Daneben entstand noch eine zweite Hütte.
So entstand der Name Bethlehem
Als einer der beiden auch seine Frau mitbrachte, schlief das Ehepaar in der Kammer über dem Stall, um die Stallwärme zu nutzen. Die Frau ärgerte sich aber über den Lärm, den die Kühe in der Nacht machten. Sie soll zum Mann auf gut Schwäbisch gesagt haben: "Des isch jo wia en Betlehem." ("Das ist ja wie in Bethlehem"), eine Anspielung auf Ochs und Esel an der Krippe. So kam der Name in die Welt.
Das Grundstück, auf dem das Haus erbaut wurde, gehörte über Jahrhunderte dem 1212 gegründeten Zisterzienserinnenkloster im benachbarten Örtchen "Wald". Als der Holzfäller die Äbtissin bat, sein Haus nach dem nächtlichen Ruf seiner Frau "Bethlehem" nennen zu dürfen, waren die "Weißen Frauen von Kloster Wald" sehr angetan. Dabei ist es bis heute geblieben.