Wie fühlt es sich an, wenn man einen ganzen Monat auf Social Media verzichtet? Ein Leben ohne Facebook, ohne Instagram und Whatsapp? Die Medienforscherin Linda Meixner ist dieser Frage nachgegangen in ihrem Experiment "Offtober".

Experiment "Offtober"

150 Probanden fanden sich bereit, den Oktober über auf liebgewordene Kommunikationswege zu verzichten. Dazu kamen noch all die Menschen, die von dem Experiment über einen Bericht des epd erfahren hatten und in eigener Regie 31 Tage lang auf die scheinbar unverzichtbaren Kanäle verzichteten.

Das Ergebnis ist umwerfend, berichtet eine hörbar begeisterte Linda Meixner: Alle Teilnehmer hätten sich während der Untersuchung besser gefühlt, besser geschlafen, schöner geträumt. Sie seien ausgeglichener gewesen.

Auswirkungen auf den Körper

Von den 150 Teilnehmenden waren 50 wissenschaftlich begleitet worden. Ihr Herzschlag wurde über ein Gerät erfasst, das die Herzratenvariabilität misst. Daran kann man den Stress ablesen, dem ein Mensch ausgesetzt ist.

Klare Erkenntnis aus den Messungen: Das Herz schlug deutlich ruhiger, wenn die Teilnehmer auf die digitalen Kanäle verzichteten. Diese waren im Oktober abgeschaltet; die meisten der Freiwilligen hielten sich auch an die Sperre, einige wenige seien rückfällig geworden, berichtet Meixner, die an der Fachhochschule Konstanz studiert hat und sich die Mediennutzung und deren Gefahren zum Forschungsfeld gemacht hat.

Ergebnisse des Social-Media-Entzugs

Die Erfahrungen der Beteiligten waren durchweg positiv. Das ergibt die erste, noch nicht endgültige Auswertung der aufwändigen Studie. "Ich habe meine Balance wiedergefunden", berichtet eine Smartphone-Nutzerin danach.

Andere kreuzten an: "Wir wollen nicht mehr zurück", und sie begründen dies auch mit dem Gewinn an vermeintlich nutzloser Zeit.

"Man kann auch einmal in die Luft starren, ohne sofort auf das Smartphone zu schielen",

beschreibt Meixner diesen Vorgang.

Soziale Medien und das Konsumverhalten

Spannend fallen auch die Ergebnisse zum Verhältnis zwischen Sozialen Medien und Konsumverhalten aus. Fazit: Wer viel daddelt, gibt auch mehr Geld aus als nötig. "Wir haben in dieser Zeit weniger geshoppt als sonst", geben viele am Offtober Beteiligte zu Protokoll.

Nichts von dem, was sie vielleicht gekauft hätten, vermissen sie. Sie seien ohne diese offenbar nicht lebensnotwendigen Güter zufrieden. Nach dem Oktober ohne diverse Zusatzfunktionen konsumieren sie bewusster - und das nicht mehr auf digitalem Weg, sondern durchaus in einem Geschäft.

Probanden ziehen Konsequenzen aus "Offtober"

Mancher Proband sehe das kleine elektronische Gerät nun mehr kritisch von außen und nicht mehr als Teil der Persönlichkeit.

"Sie empfinden es inzwischen als störend, wenn das Smartphone dauernd am Tisch liegt und bedient wird",

fasst Linda Meixner zusammen. Einige Beteiligte seien von der digitalen Dauertätigkeit regelrecht geheilt, sagt sie: "Sie lesen jetzt wieder Bücher."

Und sie selbst? Die Vorarlbergerin hat ihr Geld einige Jahre als Influencerin verdient - sie war also Teil der produktwerbenden und aufgeräumten Instagram-Welt. Inzwischen ist sie deutlich weniger unterwegs auf den Plattformen, die das Glück als käufliches Produkt hinstellen.

Ihre eigene Zukunft sieht die Digital-Skeptikerin in Kursen, die das mediale Verhalten bewusst machen sollen. Die Nachfrage dürfte vorhanden sein, wie der "Offtober" bewiesen hat.