"Der Friedhofsträger kann Erdbestattungen in einem Leichentuch ohne Sarg aus religiösen und weltanschaulichen Gründen zulassen, soweit öffentliche Belange nicht entgegenstehen", heißt es in der neuen bayerischen Bestattungsverordnung, die in Teilen seit dem 31. März veröffentlicht ist und ab dem 1. April gilt.

Insbesondere Vertreter der muslimischen Community hatten seit Jahren darauf gedrungen, die Sargpflicht auch in Bayern zu lockern. Von der Grünen-Landtagsfraktion kam Kritik.

Umsetzung einer Verordnung

Mit der Änderung der Bestattungsverordnung hat das Gesundheitsministerium einen Beschluss des Landtags vom November 2019 umgesetzt. Darin forderte dieser die Staatsregierung auf, künftig die Bestattung auch im Leichentuch zuzulassen, soweit öffentliche Belange dem nicht entgegenstünden und die Entscheidung dem Friedhofsträger überlassen bleibe.

Die Lockerung der Sargpflicht erfolgte nun im Rahmen einer umfassenden Überarbeitung der Bestattungsverordnung, wie das Ministerium auf Anfrage von sonntagsblatt.de bestätigte.

Den Starttermin 1. April hatte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zuvor in einem Schreiben an den Nürnberger SPD-Landtagsabgeordneten Arif Tasdelen genannt. Tasdelen hatte sich seit Jahren für die Lockerung eingesetzt. Auch die Grünen-Landtagsfraktion fordert die Möglichkeit von Bestattungen im Leintuch seit 2007.

Dennoch Kritik von den Grünen

Grünen-Abgeordnete Gabriele Triebel bemängelte nun jedoch, dass sich die Staatsregierung weiterhin gegen eine verbindliche Abschaffung der Sargpflicht wehre. Eine Grünen-Anfrage habe ergeben, unter welchen Umständen die Kommunen eine Bestattung im Leintuch doch noch untersagen könnten. Städte und Gemeinden müssen nun im Einzelfall beurteilen, ob eine Bestattung im Leintuch "das sittliche Empfinden der Allgemeinheit verletzt", heißt es in der Antwort des Gesundheitsministeriums.

Forderung nach einem Rechtsanspruch auf Bestattung im Leinentuch

Dem Bestattungsgesetz nach gelte es, die Pietätsvorstellungen der Gesellschaft zu beachten: "So kann zu prüfen sein, ob der Anblick eines nur in ein Tuch gehüllten Leichnams andere Friedhofsbesucher befremden könnte", schreibt das Ministerium. Triebel kritisierte, die Formulierung suggeriere, dass traditionelle Bestattungen im Leintuch geschmacklos wären.

Zudem liefere die Staatsregierung keine Anhaltspunkte, wie die Kommunen mit dem Wunsch vieler Muslime nach unbefristeter Grabesruhe oder der Bereitstellung von Räumlichkeiten zur Leichenwaschung umgehen sollen. Nach wie vor fehle "eine echte Reform des Bestattungswesens", sagte Triebel. Dazu gehöre ein Rechtsanspruch auf eine Bestattung im Leintuch, "der die freie Religionsausübung auf Bayerns Friedhöfen garantiert und den Kommunen klare Rahmenbedingungen bietet".