Im Prestigekampf um das All hatten die USA damit erneut das Nachsehen - wie schon vier Jahre zuvor, als die Sowjets im Oktober 1957 als erste Nation den künstlichen Satelliten "Sputnik 1" in eine Erdumlaufbahn brachten.
"Ich sah zum ersten Mal die Kugelgestalt der Erde", schilderte Gagarin nach dem Flug seine Eindrücke. "Der Anblick des Horizonts war einzigartig." Drei Bullaugen aus hitzebeständigem Glas gewährten dem Kosmonauten Ausblicke auf den "zartblauen Film", der den Globus umgibt. Darüber nur der "pechschwarze Himmel", mit den "klar sichtbaren Sternen" und einer "Sonne, die dutzendmal heller scheint als auf der Erde".
Juri Gagarin gefolgt von Alan B. Shepard
Seine Raumkapsel wurde vollautomatisch gesteuert, doch im Notfall hätte er per Hand eingreifen können. Und anders als in heutigen Raumfähren, in denen sich die Crew-Mitglieder nach der kritischen Startphase schwerelos bewegen können, saß Gagarin fest angeschnallt in einem Schleudersitz, gekleidet in einen Raumanzug.
Die Amerikaner reagierten auf den sowjetischen Vorstoß bereits knapp einen Monat später mit dem Start des ersten US-Astronauten Alan B. Shepard, der am 5. Mai 1961 allerdings nur einen 15-minütigen Bogen-Flug ohne Erdumrundung ins All absolvierte. Im Juli 1961 folgte Virgil Grissom mit einem 16-Minuten-Trip. Locker getoppt wurde dies von dem sowjetischen Major Stepanowitsch Titow, der an Bord der "Wostok 2" im August 1961 die Erde insgesamt 17 Mal umkreiste. Der erste Amerikaner in einem Erd-Orbit war im Februar 1962 der damals 40-jährige John H. Glenn, der in einer Mercury-Kapsel immerhin dreimal um den Globus flog.
Wettrennen der Supermächte im All
Als im Mai 1961 US-Präsident John F. Kennedy die bemannte Mondlandung "noch vor Ablauf des Jahrzehnts" zum nationalen Ziel erklärte, standen die Chancen dafür eher schlecht. Die Russen hatten im Juni 1963 mit Valentina Tereschkowa die erste Frau im All, im März 1965 absolvierte Oberstleutnant Alexej Leonow als erster Mensch einen "Weltraumspaziergang" außerhalb seines Raumschiffes. Und bereits seit Ende der 50er-Jahre flogen sowjetische Raumsonden in Richtung Mond - im Februar 1966 gelang sogar die erste weiche Landung auf dem Erdtrabanten mit "Luna 9".
Doch die Amerikaner holten auf. 1965 schafften "Gemini 5" und "Gemini 7" bereits 120 bzw. 206 Erdumläufe. Der sowjetische Rekord von 1963 - "Wostok 5" mit 85 Erdumkreisungen - war gebrochen. Im Dezember 1968 erreichten die US-Astronauten Frank Borman, James Lovell und William Anders an Bord von "Apollo 8" den Mond und umkreisten ihn zehn Mal. Die Krönung gelang schließlich am 21. Juli 1969 um 03.56 Uhr MEZ, als der Amerikaner Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat.
Juri Gagarin hat dieses Ereignis nicht mehr erlebt. Er starb im Alter von nur 34 Jahren bei einem Flugzeugabsturz am 27. März 1968. Dabei hatte er noch zur Venus fliegen wollen, um damit "den Ruhm der Sowjetunion zu mehren". Auch die Raumstation "MIR" hat er nicht mehr kennengelernt. Und damit auch nicht die neue Zusammenarbeit der ehemals konkurrierenden Supermächte - zum Beispiel bei der internationalen Weltraumstation ISS.
12. April ist "Yuri's Night"
Dennoch ist die Erinnerung an seine Pioniertat ungebrochen: Auf allen fünf Kontinenten des blauen Planeten Erde finden zum Gagarin-Tag am 12. April Gedenkpartys statt. Motto: "Yuri's Night" - weil er der Erste war, der ins Weltall aufbrach.
Viel wurde geschrieben über einen Satz, den Juri Gagarin nach seiner 108 Minuten dauernden Erdumrundung gesagt haben soll: "Gott habe ich dort oben nicht gefunden". In Predigten, Andachten oder erbaulichen Schriften wird Gagarin dafür bis heute belächelt, für naiv oder dumm erklärt. Das Zitat gilt als Beleg für die materialistische Sichtweise des Atheismus, die unfähig ist, die Ebene des Göttlichen zu erfassen. Im Internet findet sich dazu ein Witz: "Sagt der Astronaut: Ich habe Gott im Weltraum nicht getroffen, obwohl ich schon so oft dort war. Sagt der Hirnchirurg: Und ich habe schon so viele kluge Menschen operiert und nicht einen einzigen klugen Gedanken gefunden!"
"Haben Sie im Weltraum Gott gesehen?"
Auch die russisch-orthodoxe Kirche ließ Gagarins Äußerung übrigens nicht unkommentiert stehen: Man stelle sich vor, ein Mensch schöpfe "mit einem Löffel" Wasser aus dem Ozean und behaupte dann, weil er keinen Wal gesehen habe, es gebe dort keine, antwortete Professor Alexej Ossipow von der Moskauer Geistlichen Akademie. Dem "armen Sünder" Gagarin wurde in Russland inzwischen vergeben, manche wollen ihn sogar heilig sprechen, weil er offene Kritik an der Sprengung der Christi-Erlöserkirche in Moskau 1931 durch Stalin äußerte. Gagarin hatte dies als "Barbarei" bezeichnet und den Wiederaufbau des Heiligtums gefordert, der dann unter Präsident Boris Jelzin verwirklicht wurde.
Zur Ehrenrettung Gagarins sei hier festgehalten, dass er nach der Rückkehr aus dem All von einem West-Journalisten gefragt wurde, ob er bei seiner Erdumrundung Gott gesehen habe. Erst daraufhin verneinte Gagarin. Es war also letztlich eine dumme Frage, die Gagarin zu einer Antwort provozierte - die dann sicher auch der atheistischen Staatsdoktrin geschuldet war.