Wohnen wird immer teurer, und das Problem betrifft auch junge Leute, die eine Lehre machen. Wer etwa zum Blockunterricht in die Berufsschule in der nächsten größeren Stadt muss, kann sich dort häufig kein Zimmer leisten. 70 Jugendwohnheime für solche Fälle gibt es in Bayern, eines davon betreibt der Verein Internationale Jugendarbeit (VIJ) in Nürnberg, das Wohnheim im Glockenhof. Die Ausbildungsbetriebe sind mit dem Thema oft überfordert, haben aber ein großes Interesse, dass die Ausbildung gelingt.

Suche nach Übergangsquartier

Seit Längerem ist der Verein, der Mitglied der Diakonie ist, auf der Suche nach einem zweiten Haus für Azubi-Plätze, in dem die Jugendlichen auch sozialpädagogisch betreut werden. "Wir würden da gerne mehr machen", sagt Geschäftsführerin Tanja Krieger, denn der Bedarf sei groß. Nun aber hält sie zusätzlich noch die Augen nach einem Übergangsquartier für die Bewohner des bestehenden Hauses in der Glockenbachstraße offen. Denn das ist in die Jahre gekommen und muss saniert werden.

Ein Rundgang durch die Stockwerke im Ferien-leeren Haus in der Glockenhofstraße zeigt, Duschen und Küchen sind gut gepflegt, aber schon lange nicht mehr auf dem neuesten Stand. Gänge und Treppenhaus verströmen die Atmosphäre der 1970er Jahre. Auf fünf Stockwerken können Auszubildende unterkommen, eine Etage ist seit zehn Jahren für "Amali" reserviert. Acht junge Mädchen, die Krieg oder Verfolgung, aber auch familiäre Spannungen hinter sich lassen wollen, werden von einem sozialpädagogischen Erzieherteam rund um die Uhr begleitet

"Wir müssen auf jeden Fall eine Interimslösung finden, denn die jungen Frauen, die jetzt bei uns wohnen, können wir ja nicht einfach in die Wohnungslosigkeit schicken und nicht mehr betreuen",

sorgt sich Krieger. Sie will natürlich auch nicht das pädagogische Personal für die Berufsschüler für zwei Jahre Renovierungszeit freistellen, denn das würde schnell anderswo Arbeit finden. "Hinterher kann ich den pädagogischen Bedarf nicht mehr decken", befürchtet sie.

Unterstützung der Kirche 

Vor kurzem ist Krieger ein Gebäude aufgefallen, das ihr als Zwischenquartier gut gefallen würde: Das ehemalige Predigerseminar der bayerischen Landeskirche am Wöhrder See in Nürnberg. Aus dem großen Haus in einem parkähnlichen Garten sind die angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer in diesem Sommer ausgezogen. Mit einer Anfrage muss sich der VIJ aber beeilen, denn es gebe schon Interessenten für eine Zwischennutzung der Immobilie, teilt die Landeskirche dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage mit. Die Verantwortlichen bei Landeskirche und Evangelischen Siedlungswerk würden ausloten, was möglich sei.

Nach einer Renovierung will der VIJ auf jeden Fall wieder in die Glockenhofstraße zurückkehren. Dort, nur wenige Minuten Fußweg vom Bahnhof entfernt, ist man nah an der Wiege des Vereins. Vor über 140 Jahren haben hier und in anderen Großstädten Pfarrfrauen begonnen, junge Frauen vom Land, die zum Arbeiten in die Großstadt kamen, am Bahnsteig zu betreuen. Sie nahmen sie unter ihre Fittiche, berichtet Krieger. 1882 gründete sich in Berlin der Nationalverein der "Freundinnen junger Mädchen", der zum Wegbereiter der Bahnhofsmissionen wurde.

Unterstützung für Frauen

Die Arbeit für junge Frauen in Migrationsbewegungen ist dem heutigen VIJ geblieben. "Wir bilden eine Schutzkette", sagt die Geschäftsführerin, "wir machen das immer noch, denn es ist immer noch notwendig". Natürlich hätten sich die Flucht- oder Migrationsgründe geändert, aber die Frauen seien schutzlos, wenn sie keinen Wohnraum oder kein Netzwerk hätten.

"Es gibt einen großen Bedarf, insbesondere auch geflüchtete junge Frauen, die auch auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben, hier zu beherbergen und pädagogisch zu versorgen",

sagt die VIJ-Vorständin.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Berufsschüler-Heim im Glockenhof liegt das zweite Haus des Nürnberger Vereins: Das Internationale Studentinnen-Wohnheim. Die 44 Plätze dort sind immer ausgebucht. Die Bewohnerinnen kommen derzeit aus 15 Ländern auf vier Kontinenten.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden