Wenn Franka Böhm über ihr Leben spricht, klingt vieles nach Aufbruch. Sie steht am Beginn einer neuen Phase, mitten im Studium, zwischen Theorie und Praxis, zwischen Zweifel und Zuversicht. "Es ist gerade sehr viel unsicher, weil eine neue Lebensphase beginnt", sagt sie. Man müsse sich neu ausrichten, vieles sei im Umbruch – aber sie ist überzeugt: Das wird schon.

Sie studiert Evangelische Theologie an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau, einer traditionsreichen Ausbildungsstätte mit einer langen Geschichte weiblicher Emanzipation innerhalb der Kirche. Für Böhm ist das ein Raum zum Denken, Fragen, Wachsen. "Für mich ist gerade der Weg dahin und was ich da erfahren darf und lernen darf wesentlich interessanter als das Ziel", sagt sie.

Glaube als Haltung, nicht als Formel

Mit Religion ist Franka Böhm aufgewachsen, aber nie in einem engen Rahmen. Ihre Eltern waren katholisch, ehe sie zur evangelischen Kirche konvertierten. Sie erzählt, dass sie dadurch früh gelernt habe, Glaube sei nichts, das man einfach übernimmt, sondern etwas, das man prüft. Man müsse herausfinden, ob Kirche und Glauben wirklich zu einem selbst passen. Dieses Nachdenken über den Glauben prägt sie. Sie sagt, sie freue sich darauf, Menschen zu begleiten – auf ihren Lebenswegen, in Glaubensfragen, in Momenten der Unsicherheit. Das Zuhören, das Lernen voneinander, das sei ihr wichtig. Niemand sei je "fertig im Glauben". Dass Frauen in Bayern erst seit 50 Jahren Pfarrerinnen werden dürfen, erstaunt sie.  An ihrer Hochschule sei feministische Theologie längst selbstverständlich. Es gebe eine Professorin dafür, entsprechende Seminare – das sei fester Bestandteil des Studiums. Trotzdem bleibe Gleichberechtigung in der Kirche eine Daueraufgabe. Auf der Leitungsebene seien nach wie vor viele Männer aktiv, erzählt sie, und es werde bewusst daran gearbeitet, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Im Alltag selbst spüre sie allerdings keine Unterschiede. Menschen seien verschieden – unabhängig vom Geschlecht. "Ich spüre eher, dass manche Menschen für manche Menschen gut sind und für andere nicht", sagt sie, "und dass das eigentlich bei jedem so ist."

Sichtbar glauben

Böhm gehört zu einer Generation, die Religion nicht versteckt. Sie will zeigen, dass Glaube in der Öffentlichkeit seinen Platz haben darf. "Mir ist Sichtbarkeit wichtig und einstehen für den Glauben", erklärt sie. Dazu gehöre auch, Angriffsfläche zu sein für Menschen, die Religion skeptisch sehen. Sie sieht darin keinen Widerspruch, sondern eine Aufgabe: Glaube als Gespräch, nicht als Grenze.

Was ihr dabei hilft, ist eine feste Haltung – aber keine starre. "Man muss dazustehen", sagt sie, "und trotzdem offen bleiben."

Wenn der Kopf voll ist

Wenn ihr Kopf zu voll ist von all den Fragen, Texten, Predigtideen, zieht es sie hinaus. Sie geht dorthin, wo ihr Mann und sie abends manchmal zusammensitzen – auf eine Bank am Rand von Marktleuthen, mit weitem Blick über die Landschaft.

Er, erzählt sie, habe ihr diesen Platz gezeigt, kurz nachdem er dort seine Stelle als Pfarrer angetreten hatte. Oft nehmen sie sich nach einem langen Tag die Zeit, dort gemeinsam den Feierabend zu genießen. "Die Aussicht ist schön, und die Gespräche beim Feierabendbierchen immer sehr toll", sagt sie.

Manchmal reden sie über Theologie, manchmal über gar nichts. Über wissenschaftliche Fragen, über den Alltag im Pfarramt, über das, was beide beschäftigt. Für Böhm ist das eine Form des Innehaltens – nicht spektakulär, aber ehrlich.

Zwei Menschen, ein Beruf

Dass ihr Mann schon Pfarrer ist, während sie noch studiert, findet sie bereichernd, manchmal aber auch herausfordernd. Beide hätten den gleichen Beruf vor Augen, aber unterschiedliche Perspektiven darauf. Sie meint, es sei wichtig, dass jeder lerne, für sich Pfarrer oder Pfarrerin zu sein. Wenn man zu sehr voneinander abschreibe, könne leicht ein Ungleichgewicht entstehen. "Wenn man zu viel vom anderen die Arbeit übernimmt, ist es auch ein Missverhältnis", erklärt sie.

Es gehe darum, das eigene Profil zu finden, eigene Erfahrungen zu machen, sich nicht gegenseitig zu kopieren. Das brauche Geduld – und Vertrauen.

Verwurzelt im ländlichen Raum

Die Gegend rund um Marktleuthen gefällt ihr. Sie komme selbst aus Fuchsmühl im Landkreis Tirschenreuth, erzählt sie, und der ländliche Raum sei ihr vertraut. "Mir gefällt die Gegend sehr gut", sagt sie. "Auch die Grenznähe zu Tschechien ist etwas, was mir schon ein Heimatgefühl vermittelt."

Heimat – das ist für sie kein festes Koordinatensystem, sondern ein Gefühl, das sich verändert, so wie der Glaube selbst. Sie zitiert einen Satz aus dem Korintherbrief: "Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." Dieser Vers begleitet sie seit Jahren. Er erinnere sie daran, dass Wandlung kein einmaliges Ereignis sei, sondern ein fortlaufender Prozess.

Ruhe mit Aussicht

Vielleicht ist es genau das, was sie an den Abenden über Marktleuthen so mag: den Blick in die Weite, die Mischung aus Vertrautheit und Veränderung. Hier draußen ist kein Platz für Dogmatik oder kirchenpolitische Debatten – nur für das Leben, wie es gerade ist.