In der Diskussion um die Zukunft der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau haben sich Holocaust-Überlebende und Nachkommen von NS-Verfolgten zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief an die Landessynode, dem Parlament der bayerischen Protestanten, bezeichnete Pieter Dietz de Loos die Versöhnungskirche als einzigartige Kirche in Deutschland, die international "bekannt und gewürdigt" sei.
Seit ihrer Einweihung am 30. April 1967 habe sie ehemalige Dachau-Häftlinge und ihre Angehörigen begleitet und sich gegen die Verbreitung von Antisemitismus und Rassismus engagiert, schrieb der frühere Präsident des Internationalen Dachau-Komitees. Finanzielle Kürzungen gefährdeten diese Arbeit und damit das Ansehen der Kirche. Pieter Dietz de Loos ist der Sohn des niederländischen Dachau-Überlebenden Dirk de Loos, einer der Initiatoren des Baus der Versöhnungskirche.
Ernst Grube zeigt sich besorgt
Ernst Grube, Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, äußerte sich besorgt über die Pläne der bayerischen Landeskirche (ELKB), die Diakonenstelle der Versöhnungskirche zu streichen. "Gerade heute, wo der Rechtsextremismus immer stärker und brutaler wird, wäre die Streichung der Diakonenstelle ein schlimmes Signal", schreibt der 88-jährige Holocaust-Überlebende in einem Brief an die Präsidentin der Landessynode, der dem epd vorliegt.
Vielen Besuchern der KZ-Gedenkstätte mache die Versöhnungskirche mit dem "Raum für Reflexion, Vertiefung und Gegenwartsbezüge" Angebote, die die staatliche Gedenkstätte nicht bieten könne. Diese Arbeit sei "ein wertvoller eigenständiger und ergänzender Beitrag", der "ohne den Einsatz der bisherigen Diakone nicht machbar" gewesen wäre, schreibt Grube.
Zustimmung von weiteren Betroffenen
Auch das Comité International de Dachau (CID) hat eine schriftliche Stellungnahme zu den Kürzungsplänen von ELKB und EKD abgegeben. CID-Präsident Jean-Michel Thomas betonte, die Versöhnungskirche sei einer der Hauptakteure der Gedenkgemeinschaft und damit "ein wesentliches Element der KZ-Gedenkstätte Dachau und ihrer internationalen Bekanntheit". Die drohenden Kürzungen seien "zum Nachteil einer Erinnerungsarbeit, die notwendiger ist denn je", so Thomas.
Dass Erinnerungskultur ein Auslaufmodell sei, scheine für viele Menschen eine schmerzliche Selbstverständlichkeit zu sein, schrieb der Holocaust-Überlebende und evangelische Pfarrer Walter Joelsen in einem Brief an den bayerischen Landesbischof. Zu den Aufgaben des Diakons der Versöhnungskirche gehöre vor allem "der Kontakt zu den unzähligen Schulklassen und Konfirmandengruppen, die die Gedenkstätte besuchen, und spezielle Führungen gerade für Jugendliche anzubieten", so der 96-Jährige.
Dabei und bei Seminaren im Max-Mannheimer-Studienzentrum gehe es "nicht um das Bohren in einer schrecklichen Vergangenheit, sondern um Beiträge zu unserer gemeinsamen Zukunft". Um diese Aufgaben wahrzunehmen, sei die Diakonenstelle unverzichtbar.
Finanzieller Grund für die Kürzung der Stellen
Aufgrund sinkender Finanzmittel hatte die ELKB beschlossen, die Diakonenstelle an der Versöhnungskirche nur noch bis Ende 2023 zu finanzieren. Parallel hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) als Hausherrin der Versöhnungskirche angekündigt, die Sachkosten bis 2030 um 30 Prozent zu kürzen. Der frühere Diakon der Versöhnungskirche, Klaus Schultz, hatte daraufhin einen Antrag an die bayerische Landessynode gestellt, die Stelle in vollem Umfang zu erhalten. Die Synode tagt vom 21. bis 25. März.