Es ist mucksmäuschenstill. Ein tiefer Seufzer durchbricht die Stille. Dann ist es wieder leise. Zwanzig Minuten lang sitzen 18 Frauen und Männer in der Michaelskapelle des Evangelischen Klosters Schwanberg in Rödelsee (Landkreis Kitzingen).

Dort nehmen sie teil an der Ausbildung zur Anleitung in christlicher Meditation. Ein Gong erklingt, die Meditationszeit ist vorbei. Pfarrerin Thea Vogt schließt die Einheit mit einem Gebet ab.

Ausbildung zur Anleitung christlicher Meditation

Ein Jahr dauert der Kurs, jeden September startet ein neuer. Thea Vogt leitet die Ausbildung. Die promovierte Theologin ist seit vielen Jahren mit einer halben Stelle Meditationsbeauftragte der bayerischen Landeskirche. Vorher teilte sie sich mit ihrem Mann die Pfarrstelle in einer fränkischen Dorfgemeinde.

"Wir hatten damals Angebote wie Meditation, Alltagsexerzitien und meditative Wanderungen", erzählt sie. "Die Nachfrage war groß."

Für sie selbst war Meditation eine Entdeckung.

"Mein Mann und ich haben uns im ehemaligen Geistlichen Zentrum Sasbach im katholischen Bistum Freiburg ausbilden lassen, um andere in der Meditation anzuleiten", sagt Thea Vogt. Sie hatten den Wunsch, eine solche Ausbildung auch in der evangelischen Kirche zu ermöglichen. Das haben sie geschafft: Seit 2008 gibt es nun dieses Angebot in der bayerischen Landeskirche.

Seit 2008 Ausbildung in christlicher Meditation

"Soweit ich weiß, ist das die einzige Ausbildung in dieser Form im Raum der Evangelischen Kirche in Deutschland", sagt sie.

So kommt es auch, dass sich Menschen aus ganz Deutschland dafür bewerben. Im letzten Kurs haben 17 Menschen ihre Ausbildung abgeschlossen. Einer von ihnen ist Gerhard Heide aus Heinsberg. Er beschreibt sich als Kopfmenschen. Mehr als 20 Jahre hat er Zen-Meditation praktiziert. "Aber ich habe gemerkt, dass mich das nirgendwo hinführt. Es hat mir nicht mehr gutgetan und ich habe damit aufgehört", berichtet er.

Pfarrerin Thea Vogt
Christliche Meditation sei eine eigene spirituelle Weise, sagt Pfarrerin Thea Vogt, und dass es an der Zeit sei, die Schätze der christlichen Mystik ins Leben zu holen.

Dann hat er die christliche Meditation auf dem Schwanberg kennengelernt.

"Da bin ich fündig geworden. Ich habe gemerkt, dass ich ein Gegenüber habe. Jetzt erfahre ich Heilung in der Meditation."

Seine Frau Ulrike sagt, sie wurde als Kind in die katholische Kirche gezwungen. Als Jugendliche hat sie den Glauben abgehakt. "Kirche war für mich etwas Dunkles und ich habe Kirche und Glaube gleichgesetzt", erzählt die 62-Jährige.

"Als mein Mann seinen Glauben vertieft hat, wurde er mir unheimlich." Schließlich hat sie ihn auf den Schwanberg begleitet und dort den Glauben ganz neu kennengelernt.

Auswirkungen von Meditation

"Seit etwa fünf Jahren glaube ich wieder und sauge alles auf. Die Meditation tut mir gut." Ulrike und Gerhard Heide wollen die christliche Meditation in der Hospizarbeit einbringen, wo sie sich beide ehrenamtlich engagieren.

Christliche Meditation sei eine eigene spirituelle Weise, sagt Thea Vogt, und dass es an der Zeit sei, die Schätze der christlichen Mystik ins Leben zu holen. Die Pfarrerin ist davon überzeugt, dass jeder Mensch meditieren kann. "Gleichzeitig erlebt es jede und jeder anders."

Wer in der Meditation doch den eigenen Gedanken nachhänge, dem helfen oft Körperübungen dabei, um in der Gegenwart anzukommen.

Bewegung und Meditation

Für Leonie Büchele sind Körperübungen ein wichtiger Teil der Meditation. "Meine Erfahrung ist, dass Körper, Geist und Seele zusammenhängen. Wenn ich vorher Leibarbeit gemacht habe, kann ich viel besser meditieren", sagt sie.

Die 44-jährige Pfarrerin hat seit Sommer die Projektstelle Spiritualität im Referat Spiritualität und Generationen der bayerischen Kirche inne. Auf dem Schwanberg gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Leib einzubeziehen: zum Beispiel Yoga, Meditativer Tanz oder Qi Gong.

Leonie Büchele meditiert täglich und freut sich über diese Auszeiten in ihrem Alltag. "Meditation ist der Herzschlag meines Glaubens", sagt sie. Die Theologie als Wissenschaft ist ihr wichtig.

"Aber ich will meine Beziehung zu Gott pflegen, sie soll wachsen. Das geschieht in der Meditation."

Der Kontakt zu anderen ist Angela Keck aus Kitzingen wichtig. "Ich mag es, zu hören, welche Erfahrungen andere in der Meditation machen", sagt sie. Keck ist bereits in Rente und nutzt ihre freie Zeit für ehrenamtliches Engagement.

Sie leitet gemeinsam mit einem Pfarrer eine Meditationsgruppe und bietet auch christliche Meditation für Menschen mit Beeinträchtigungen an.

Vielfältige Arten zu meditieren

Die Arten zu meditieren sind vielfältig: Das kann mit einem Bibelwort sein, mit einer Ikone, mit dem Herzensgebet oder einer meditativen Wanderung. Gerade beim Gehen zu meditieren spricht manche besonders an. So wie Petra Kellermann aus Landshut:

"Ich bin nicht so der Stille-Typ. Manchmal können 20 Minuten echt lang sein. Aber beim Gehen im Kreuzgang meditieren - das tut mir gut."

"Uns ist es wichtig, dass die Ausbildung offen ist für Haupt- und Ehrenamtliche", sagt Thea Vogt. Sie sieht in der Gruppe auch ein Lernfeld. "Und der Kurs ist ein geistlicher Weg, auf dem alle ihre Erfahrungen machen und Raum haben, das zu reflektieren."

Am Ende der Ausbildung bekommen alle Teilnehmenden ein Zertifikat. Aber deswegen ist man nicht "fertig". "Man hat sich auf den Weg gemacht und bleibt lernend."

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