Am Sonntag (27. März) werden wieder die Uhren vorgestellt, das heißt: eine Stunde weniger schlafen. Einigen Menschen macht das aber zu schaffen - vor allem denjenigen, die schon mit Schlafproblemen zu kämpfen haben. Margret Ziegler, Oberärztin und Leiterin der Kinderstation am kbo-Kinderzentrum München, erzählt im Gespräch mit dem Sonntagsblatt was guten Schlaf ausmacht, wie es überhaupt zu Schlafproblemen kommt - und auf was man bei Kindern achten sollte.

"Bei Kindern kann schwerer Schlafmangel die Entwicklung beeinträchtigen."

Frau Ziegler, warum ist guter Schlaf eigentlich so wichtig?

Margret Ziegler: Unser Gehirn braucht den Schlaf, um sich zu regenerieren und sich zu erholen. Für das Gehirn sind Ruhephasen ein Muss. Auch Schlaftiefe, Schlafrhythmus und Schlafbedarf werden von unserem Gehirn gesteuert und verändern sich im Laufe des Lebens.

Wenn wir zu wenig schlafen, sind wir müde und können uns schlechter konzentrieren. Auch körperliche Auswirkungen können Folgen von länger dauerndem Schlafmangel sein. Bei Kindern kann schwerer Schlafmangel die Entwicklung beeinträchtigen. Manche Kinder wirken auch sehr unruhig und unzufrieden, wenn sie übermüdet sind.

Wie läuft denn der Schlaf überhaupt ab? Am Morgen erinnert man sich ja kaum noch, was nachts alles so passiert ist...

Ziegler: In der Regel beginnt unser Schlaf mit einer Tiefschlafphase, bevor wir alle ein bis zwei Stunden aufwachen bis in die Morgenstunden, in denen dann die Traumschlafphasen häufiger werden. Man spricht auch von der Wächterfunktion, da wir im Schlaf quasi immer wieder kurz checken, ob um uns herum alles in Ordnung ist. Es ist wichtig, zu wissen, dass es ganz normal ist, nachts aufzuwachen - bei uns Erwachsenen ebenso wie bei Babys und Kindern. Wenn wir weniger als drei Minuten nachts wach sind, können wir uns am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern.

"Manchmal setzen wir uns auch selbst unter Druck."

Jeder hat schon einmal "schlecht geschlafen" - aber woher kommt das eigentlich?

Ziegler: Äußerliche Stressfaktoren oder seelische Belastungen können unseren Schlaf beeinträchtigen. Manchmal setzen wir uns auch selbst unter Druck und können dann am Abend oder in der Nacht nicht zur Ruhe finden. Wenn wir zum Beispiel einschlafen wollen, weil der Wecker bereits um 6 Uhr klingelt und wir wissen, wenn wir jetzt nicht einschlafen, sind wir nicht fit am nächsten Tag.

Ab wann sind Schlafprobleme nicht mehr nur lästig, sondern auch medizinisch besorgniserregend?

Ziegler: Es gibt Erwachsene und Kinder mit schwerwiegenden Schlafproblemen. Diese sollten in Schlaflaboren medizinisch abgeklärt werden. Zum Beispiel können schwerwiegende Atemprobleme, unter anderem Schnarchen, auch zu massiven Schlafproblemen führen.

Margret Ziegler
Margret Ziegler, Oberärztin und Leiterin der Kinderstation am kbo Kinderzentrum München.

"Man kann Kindern einen höheren Schlafbedarf nicht anerziehen oder antrainieren."

Sie sind ja Leiterin einer Kinderstation. Haben auch Babys und Kinder schon Schlafprobleme?

Ziegler: Das lässt sich so nicht generell sagen. Häufig wird der Schlafbedarf des Kindes nicht richtig eingeschätzt. Der Schlafbedarf eines Menschen, auch eines Kleinkindes, ist individuell und sehr unterschiedlich. Manche Erwachsenen benötigen zehn Stunden Schlaf, um sich gut zu fühlen, anderen reichen vielleicht schon fünf Stunden.

Kinder, die wenig Schlaf brauchen, sind natürlich für die Eltern, zumindest in den ersten Jahren, deutlich anstrengender. Wenn ein Kind mit zwölf Monaten zum Beispiel insgesamt nur elf Stunden Schlaf braucht, mittags in der Kita aber schon ein, zwei Stunden geschlafen hat, wird es zu Hause nur noch neun oder zehn Stunden schlafen. Dann kann es zu Einschlafproblemen am Abend oder nächtlichen Wachphasen kommen oder dass das Kind morgens um 5 oder 6 Uhr schon wieder wach ist. Man kann Kindern einen höheren Schlafbedarf nicht anerziehen oder antrainieren.

Sie leiten auch die Münchner Sprechstunde für Schreibabys. Schreibabys fällt es doch bestimmt nochmal schwerer, einzuschlafen, oder?

Ziegler: Zuallererst: Schreibabys sind noch immer ein Tabu-Thema. Viele Eltern, vor allem Mütter, fühlen sich schuldig. Sie haben das Gefühl, etwas falsch zu machen, sind massiv belastet und extrem verunsichert. Die Eltern haben sich ja auf das Kind gefreut und wenn es dann stundenlang schreit, ist die Sorge, dass es dem Baby nicht gut geht, groß. Wir wissen aber, dass sich die Kinder trotzdem in der Regel gut entwickeln.

Schreibabys schlafen im Vergleich zu Nicht-Schreibabys deutlich weniger und brauchen sehr viel Unterstützung zum Einschlafen. Entlastungsangebote und Unterstützung vonseiten der Umwelt sind extrem wichtig. Es gibt auch deutschlandweit Schreibabyambulanzen, an die sich die oft verzweifelten Eltern wenden können.

"Früher war das bei vielen Leuten ein Gebet."

Zu guter Letzt, auch mit Blick auf die Zeitumstellung: Wie kann man sein Schlaf-Verhalten denn nun verbessern?

Ziegler: Dabei helfen Routine und Schlafhygiene, mit regelmäßigen Bettgehzeiten vor Mitternacht und keine digitalen Medien in den zwei Stunden vor dem Einschlafen. Das heißt: nicht jeden Abend Party machen oder Filme bis spät in die Nacht schauen. Auch das blaue Licht des Laptops, des Fernsehers oder des Handys stört den Einschlafprozess. Am besten alles wegtun, was den Schlaf stört und möglichst einen regelmäßigen Rhythmus finden, mit dem der Tag abgerundet wird. Früher war das bei vielen Leuten ein Gebet.