Alle Jahre wieder: Die Zeugnisse stehen an und auch wir Religionslehrkräfte sind wieder gefragt. Viele von uns kennen wohl den Stichtag, an dem die Noten bei den Klassenleitungen abgegeben werden müssen. Proben schreiben, Hefte korrigieren und Zeugnisbemerkungen formulieren. Diese Aufgaben stehen bei mir während der heißen Phase kurz vor den Zeugnissen immer ganz oben auf meiner To-Do-Liste.
Noten: Wie bewertet man Glauben?
Aber wie passt das zusammen? Religion als Oasenfach vs. Religion als ordentliches Schulfach. "Glauben kann ich doch nicht bewerten, oder?", höre ich immer wieder als Einwand zu diesem Thema.
Lange Jahre war ich hier in einer Dilemma-Situation und habe mit der Notengebung und meinem Auftrag als Religionslehrerin gehadert.
Was haben die Noten mit Gnade und Barmherzigkeit zu tun? Noten in Religion waren für mich ein Muss des Systems, dem ich mich fügen musste.
Es geht nicht um Defizite, sondern um Schätze
Mittlerweile hat sich aber meine Haltung geändert. Ich habe mich mit den Rahmenbedingungen arrangiert und habe nun eine andere Ansicht in Sachen "Notengebung": Ich als Religionslehrerin ermutige und bestärke meine Relikinder zu zeigen, was sie können. Es geht mir nicht um die Defizite, sondern um die Schätze unserer Kinder und Jugendlichen.
Es geht mir um Wertschätzung, Kommunikation und Beobachtung, wenn ich meinen Relikinder Rückmeldungen zu ihren Leistungen gebe.
Einerseits möchte ich meine Schüler*innen durch meinen Unterricht in ihrem Glauben und Gottvertrauen bestärken. Andererseits möchte ich die Kinder und Jugendlichen aber auch fit fürs Leben machen: sie in Glaubensthemen auskunftsfähig machen, sie ermutigen ihre eigenen Ansichten und Meinungen zu formulieren und gleichzeitig sich in die Perspektiven und Emotionen von anderen Personen zu denken.
Bunt und vielfältig
So bunt und vielfältig meine Intentionen sind, so bunt und vielfältig sind auch meine Möglichkeiten an Unterrichtsmethoden und auch der Leistungsbewertungen, die ich für meine Notenbildung nutze. Denn meine Schüler*innen sind so unterschiedlich in ihren Gaben und Fähigkeiten. Da braucht es meiner Meinung nach auch eine gewisse Vielfalt an Möglichkeiten der Leistungsnachweise.
Es sind nicht immer nur kognitive Leistungen, die erbracht werden. Auch soziale, kreative und praktische Leistungen müssen individuell betrachtet und bewertet werden. Differenzierte Leistungen brauchen auch differenzierte Instrumente der Bewertung.
Folgend möchte ich ein paar Ideen und Möglichkeiten für differenzierte Leistungsbewertungen aufzeigen:
- Schüler*innen-Beobachtungen: ein regelmäßiges Feedback an das Kind und die Eltern in mündlicher und schriftlicher Form
- Kreative Leistungsbewertungen – z.B. Lernplakat, Lapbook, Portfolio-Arbeit
- digitale Projekte - z.B. Quiz erstellen bei Learning-Apps (vorher Erarbeitung der Inhalte), Book-Creator, usw.
- schriftliche Probearbeiten und Schulaufgaben mit verschiedenen Fragetypen (z.B. Reproduktion, Transfer, eigene Meinung mit Begründung)
- kreatives Schreiben (z.B. Tagebucheinträge, fiktive Briefe)
- mündliche Beiträge (z.B. im Unterrichtsgespräch, Gruppenarbeiten, Rollenspiele)
Viele weitere Ideen und Praxisbeispiele für schriftliche, mündliche und offene Formen der Leistungsbewertung stellt auch das Religionspädagogische Zentrum Heilsbronn auf seiner Homepage zur Verfügung.
Weitere Ideen und Tipps für den Religionsunterricht findet ihr auf meinem Instagramaccount: frau_religionslehrerin