HIV-Infektionen und Aids werden nicht mehr als großes gesellschaftliches Problem wahrgenommen: Das hat der Direktor des Virologischen Instituts des Universitätsklinikums Erlangen, Klaus Überla, anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember beklagt. Obwohl die Ansteckungsgefahr gleichbleibend hoch sei, seien die Menschen unvorsichtig geworden. Bundesweit sei mehr als jeder Tausendste HIV-infiziert. "Das ist mehr als jemals zuvor", sagte Überla laut einer Mitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

Der HIV-Experte hält angesichts der Ansteckungsgefahr Impfstoffe für dringend nötig. Trotz Aufklärung über Aids, Schutzmaßnahmen wie Kondomen und Medikamenten wäre die Impfung "nach wie vor der wirksamste und kostengünstigste Schutz vor Aids, allen voran für die Menschen in Afrika", sagte Überla. Allerdings schütze der beste bisher getestete Impfstoff nur zu 30 Prozent.

Rund 88.400 Menschen in Deutschland leben mit HIV

Überla ist als Erlanger Experte auch im Konsortium EAVI2020 (European Aids Vaccine Initiative) vertreten, das im November 2015 mit der Arbeit begann und in dem Wissenschaftler aus 22 Institutionen und Unternehmen in Europa, Australien, Kanada und den USA vertreten sind. Ihr Ziel ist es, präventive und therapeutische Impfstoffe zu entwickeln. Ab 2020 könnten die ersten Mittel am Menschen getestet werden, hieß es.

Über 90 Prozent der HIV-Neuinfektionen in Deutschland gingen auf eine sexuelle Übertragung zurück, zitiert die FAU die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. In Deutschland sei Hochrechnungen zufolge 12.700 Menschen nicht bekannt, dass sie HIV haben. Im Jahr 2016 hätten bundesweit 64.900 der rund 88.400 Menschen mit HIV-Diagnose HIV-Medikamente eingenommen, um den Ausbruch von Aids zu verhindern.