Die bayerische Landeskirche will ein umfassendes Reformprogramm auf den Weg bringen.  Das Kirchenparlament diskutierte über das  Konzept »Profil und Konzentration« (PuK), mit dem sich die Kirche auf allen ihren Ebenen neu aufstellen und mit ihren Angeboten auf die Lebenswirklichkeit der Menschen eingehen will. Das Reformpaket reicht von Arbeitsstrukturen und dem Zuschnitt der kirchlichen Arbeit in neuen Räumen bis zur Positionierung der Kirche in der digitalen Welt.

Wie Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel sagte, muss die Kirche heute verstärkt dorthin gehen, wo die Menschen leben. Es sei nicht nur in den Städten, sondern mittlerweile auch in manchen ländlichen Regionen zu spüren, dass die Gemeinden etwa die Zugezogenen in Neubausiedlungen nur noch schwer erreichen. Der Reformprozess solle deshalb einen Anstoß geben, wie die Kirche offener und vielfältiger in der Begegnung mit den Menschen und den Wegen ihrer Verkündigung sein kann.

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm bezeichnete es als wichtige Aufgabe der Kirche, die existenziellen Ängste und Sorgen der Menschen aufzunehmen. Als Beispiele nannte er die Sehnsucht vieler Menschen nach verlässlichen Beziehungen, das Ringen mit Erschöpfung in einem unübersichtlichen Alltag und dem Gefühl, in dieser komplizierten Welt überfordert zu sein.

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Die Vorlage des Konzepts geht jetzt zur weiteren Beratung in die synodalen Ausschüsse. Am Donnerstag soll über das Reformpaket entschieden werden. Als weiterer Schritt folgt dann der Dialog mit den Gemeinden, Dekanaten und kirchlichen Einrichtungen, sagte die Synodalpräsidentin. Dafür soll ein »Team von Botschaftern und Kundschaftern« vor Ort Kompetenzen beisteuern und Erfahrungen sammeln. »Es soll zügig losgehen, damit die spürbare Aufbruchsenergie konkrete Wirkung entfalten kann«, sagte Preidel.

Soziologe Nassehi fordert Kirche zu mehr Selbstbewusstsein auf

In einem Impulsvortrag zum PuK-Prozess forderte der Soziologe Armin Nassehi (München) die Kirche zu mehr Selbstbewusstsein auf. »Ihre Form der Kommunikation hat sonst keiner«, sagte Nassehi zu den Synodalen. Wenn etwa nach einem Terroranschlag der Opfer gedacht werde, seien in erster Linie die Kirchen gefragt. Der Soziologe ermunterte die Synodalen, unbequeme Wahrheiten zu akzeptieren.

Die Entwicklung des Mitgliederschwundes zum Beispiel könne nicht mehr zurückgeschraubt werden. Dennoch würden die Kirchen in der Zukunft eine Rolle spielen, zeigte sich Nassehi überzeugt. Die Kirchen hätten den Anspruch, eine Volkskirche zu sein. Jedoch müssten sie ernstnehmen, dass sie diese Rolle künftig womöglich nicht mehr übernehmen könnten, sagte Nassehi.

Kirchenhistoriker Markschies: Kirche muss aufmerksam bleiben

Der evangelische Theologe und Berliner Kirchenhistoriker Christoph Markschies dagegen sieht nicht das Ende der Volkskirche in klassischer Form. »Wir müssen in gewissem Sinne immer Volkskirche bleiben«, betonte er in seinem Impulsreferat. Die Gnade Gottes gelte schließlich für »alles Volk«.

Wichtig sei aber, dass die Kirche in einer multimedialen und komplexen Welt aufmerksam bleibt und »nicht dazwischenplappert und einfach darauf losredet«. Seine evangelische Kirche forderte Markschies auf, mehr auf die Katholiken zuzugehen - nämlich so, wie sich die katholische Kirche im Jahr des 500. Reformationsjubiläums auf die evangelische eingelassen habe.

Leserbriefe

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