Nach der Machtübernahme der Taliban hat das katholische Hilfswerk "Kirche in Not" an die internationale Gemeinschaft appelliert, sich für die Menschenrechte der afghanischen Bürger*innen einzusetzen.

"Wir gehen davon aus, dass insbesondere die Religionsfreiheit bedroht sein wird", teilte der deutsche Organisation von "Kirche in Not" am Montag in München mit. Alle Bewohner*innen Afghanistans, die sich nicht den extremen Ansichten der Taliban anschlössen, seien in Gefahr - auch sunnitische Muslim*innen, die die Mehrheit im Land stellen.

Taliban sind auch Gefahr für Religionsfreiheit von Muslimen

Die Taliban selbst gehören mehr der ideologischen Schule der Deobandis an, einer fundamentalistischen Gruppe mit Hauptsitz in Deoband, Indien. Sie vertreten eine angeblich originale Auslegung des Islams, die die überwältigende Mehrheit der Muslime weltweit und in Afghanistan nicht teilt. Die Schiiten, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung ausmachten, die kleine christliche Gemeinschaft und alle anderen religiösen Minderheiten "werden noch stärker unterdrückt werden", so die Sorge von "Kirche in Not":  "Dies ist ein großer Rückschlag für die Menschenrechte und insbesondere für die Religionsfreiheit in Afghanistan."

Das Hilfswerk befürchtet zudem eine Sogwirkung für diese Region der Welt. Bedauerlicherweise habe eine Reihe von Ländern schnell Sympathien für das neue Emirat geäußert.

Das legitimiere nicht nur die Taliban. "Es wird auch andere autoritäre Regime weltweit und besonders in der Region ermutigen und zu zunehmenden Verstößen gegen die Religionsfreiheit in diesen Ländern führen", befürchtet "Kirche in Not".

99 Prozent der Bevölkerung Afghanistans sind islamischen Glaubens

Nach Angaben des aktuellen Berichts "Religionsfreiheit weltweit 2021" von "Kirche in Not" sind über 99 Prozent der Bevölkerung in Afghanistan islamischen Glaubens. Davon gehören fast 90 Prozent der sunnitischen Glaubensrichtung an. Besonders unter der ethnischen Gruppe der Hazara gibt es jedoch viele Schiit*innen.

Zu den etwa 0,1 Prozent der Angehörigen anderer Religionen gehörten Hindus, Bahais, Buddhist*innen und Christ*innen. Schätzungen aus dem Jahr 2018 sprächen lediglich von 200 Katholik*innen in dem Land. Zudem ist lediglich ein noch in Afghanistan lebender Jude bekannt.