Beate Uhse: In aller Kürze

Beate Uhse wird 1919 in Ostpreußen geboren. Mit 16 Jahren verlässt sie die Schule und macht nach einem Jahr als Au-pair eine Ausbildung zur Pilotin. Danach arbeitet sie zunächst als Kunstfliegerin, während des Zweiten Weltkriegs ist sie als Hauptmann in der Wehrmacht tätig. Nach ihrer Kriegsgefangenschaft lebt sie in Flensburg. Dort startet sie mit einer Aufklärungsbroschüre einen Versandhandel mit Sexartikeln und eröffnet 1962 den ersten Sexshop der Welt. 1949 gründet sie ihr Erotikunternehmen, das 1981 zur Aktiengesellschaft avanciert. Bis zu ihrem Tod 2001 ist Uhse Aufsichtsratsvorsitzende der Beate Uhse AG.

 

Beate Uhse gilt bis heute als Wegbereiterin der sexuellen Aufklärung. "Tabus brechende Pionierin der Liebe", "Mutter Courage des Tabubruchs" – so betitelten Medien die Unternehmerin. Uhses Karriere war revolutionär und umstritten zugleich: Sie kämpfte gegen gesellschaftliche Moralvorstellungen an, arbeitete sich schon als junge Frau zur erfolgreichen Geschäftsfrau empor. Trotzdem wurde sie nie zu einem dezidierten Vorbild für Frauen. Feministinnen wie Alice Schwarzer kritisierten und bekämpften sie sogar. Wie konnte es dazu aber kommen?

Beate Uhse wertete Sex zu einem wichtigen Teil der Beziehung auf

Alles fing an in den 1950er-Jahren, mit einem Heft zum Thema Empfängnisverhütung, der "Schrift X". Zu lesen war dort von der Knaus-Ogino-Methode: Verhütung mit dem Kalender. Auf 46 Seiten erklärte Uhse, wie der weibliche Zyklus funktioniert und wie sich mit der Methode eine ungewollte Schwangerschaft verhindern lässt. Das Heft war für die damalige Zeit progressiv, Aufklärungsmedien noch rar. Innerhalb eines Jahres verkaufte sich das Heft 32.000 Mal. Und Uhse wurde für viele junge Menschen zur mutigen Grenzgängerin.

Dabei war die Broschüre mehr aus einer Not heraus geboren worden. Uhse hatte eigentlich andere Pläne. Geboren 1919, kam sie aus einem gutbürgerlichen Elternhaus in Flensburg. Seit ihrer Kindheit wollte sie Pilotin werden – entgegen dem Wunsch ihrer Familie. Nach ihrer Ausbildung zur Hauswirtschafterin machte sie den Flugführerschein und wurde mit 18 Jahren zur Kunstflugpilotin. Bald nahm sie an Rennen teil. In den 1940er-Jahren arbeitete sie als Hauptmann für die Luftwaffe und überführte Jagdflugzeuge an die Front. Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten ihr die Besatzungsmächte, ihren Beruf weiter auszuüben.

Uhse suchte Arbeit, brauchte Geld. Sie zeigte sich dabei von Anfang an als taffe Unternehmerin. Als sie den Erfolg ihrer "Schrift X" erkannte, entwickelte sie aus dem offensichtlichen Bedarf eine Geschäftsidee. 1951 gründete sie das "Versandhaus Beate Uhse". Elf Jahre später eröffnete sie in Flensburg den ersten Sexshop der Welt, damals betitelt als "Fachgeschäft für Ehehygiene". Zum Sortiment gehörten schon damals Verhütungsmittel, Dessous, Magazine und Stimulationsartikel. Uhse wertete Sex zu einem wichtigen Teil der Beziehung auf. Sie selbst sah sich später als Beziehungsdoktorin; in einem Interview sagte Uhse: "Ich habe Millionen kaputter Ehen mit Dessous und Dragees, Salben und Säften, mit Konfekt und Kondomen wieder gekittet."

Beate Uhse bricht ungeschriebene Gesetze

Mit ihrer Karriere brach Uhse ungeschriebene Gesetze. Frauen, die über ihre Lust und Sexualität sprechen? Bis zur sexuellen Revolution der 1960er-Jahre galt das als verpönt. Frauen, die Karriere machten? Undenkbar. Bis 1977 musste eine Frau in Westdeutschland per Gesetz ihren Ehemann um Erlaubnis fragen, um einen Beruf zu ergreifen. Uhse baute aber bereits in jungen Jahren ein eigenes Unternehmen auf. Später erreichte es sogar Börsenstatus.

Uhses Zugang zur Sexualität war revolutionär und traf zugleich den Nerv der Zeit: Noch in den 1950er-Jahren waren Mädchen und Jungen an Schulen getrennt. Sex vor der Ehe war verboten. Für sexuelle Dienstleistungen gab es allerdings einen Schwarzmarkt. Das Jugendmagazin Bravo erschien zum ersten Mal 1956, anfangs vor allem zu Themen aus Film und Fernsehen. Bald aber schon folgten die ersten Aufklärungsfilme, der Durchbruch kam mit der Studentenbewegung der 1960er. 

Beate Uhses Gedanken stehen immer wieder in der Kritik

Bis kurz vor ihrem Tod sorgte Uhse dabei immer wieder für Skandale, ihr Umgang mit Sexthemen war umstritten. Auch unter Frauenrechtlerinnen. In den 1980er-Jahren startete Alice Schwarzer die sogenannte PorNO-Kampagne, mit der sie gegen frauenerniedrigende pornografische Darstellungen vorging. Ein Firmenkatalog von Beate Uhse wurde daraufhin verboten. Auch der Sender Beate Uhse-TV geriet immer wieder ins Visier der Landesmedienanstalten: Die Verbreitung pornografischer Inhalte ist nach dem Strafgesetzbuch in bestimmten Fällen laut §184 verboten – noch bis in die 1970er-Jahre unterlagen sie grundsätzlich der staatlichen Zensur.

Beate Uhse war allerdings von ihrer Tätigkeit als sexuelle Aufklärerin überzeugt. So schrieb Uhse ihren Erfolg der Tatsache zu, dass sie Frau und Mutter war. Ein Mann, so Uhses Überzeugung, wäre als Betreiber eines Sexartikelunternehmens schnell als pervers abgestempelt worden: "Ich glaube, wenn ich Hans Uhse geheißen hätte, ein Mann gewesen wäre, wäre es mir nicht gelungen."

 

Weitere Informationen über Beate Uhse

"Rebellinnen": Die Ausstellung über starke Frauen

Dieser Text ist Teil der Wanderausstellung "Rebellinnen". Sie stellt Frauen aus dem deutschsprachigen Raum vor, die für ihre Überzeugungen und Rechte kämpften, die Gesellschaft prägten, sie verändern wollten.

Als Medienpartner von "Rebellinnen" veröffentlicht sonntagsblatt.de Porträts und weiterführende Informationen zu allen Frauen, die in der Ausstellung gezeigt werden.

Sie haben Interesse daran, die Ausstellung zu besuchen oder auszuleihen? Auf ausstellung-leihen.de finden Sie künftige Termine sowie die Online-Buchung.