Auch in Corona-Zeiten gilt: Wer gesund und fit ist, kann Blut spenden. "Die Vorgaben haben sich im Prinzip nicht geändert", erklärt der Sprecher des Bayerischen Roten Kreuz (BRK) Patric Nohe.

Wer mit Halskratzen, Schüttelfrost, Husten, mit 37,5 Grad Körpertemperatur oder höher oder Kurzatmigkeit zur Spende erscheint, wird nicht zugelassen. Wer Kontakt zu einem an SARS-CoV-2-Erkrankten hatte, sowieso nicht. "Wir bitten Menschen mit den geringsten Anzeichen eines Infekts, der Blutspende fern zu bleiben", mahnt Nohe.

Blutspende in Corona-Zeiten

Regelmäßige Spender wundern sich in diesen Tagen über die Zusatzmaßnahmen, die von den Blutspendediensten in ganz Deutschland ergriffen wurden. Beispielsweise wird bereits vor der Registrierung die Körpertemperatur gemessen.

Darüber hinaus wird auf das Abstandhalten in den Warteschlangen geachtet. Anstelle des üblichen Imbisses nach der Spende gibt es nun Essens-Pakete.

Ebenso überraschend wie erfreulich: Die Zahlen der Spender haben sich seit den Ausgangsbeschränkungen vom 16. März positiv entwickelt. "Dies war auch dringend notwendig, da wir uns am unteren Rand im Grenzbereich bewegt haben", meint Nohe. Die Lage habe sich bundesweit wieder komplett stabilisiert. Dies sei ein sehr starkes, positives Signal.

Viele neue Spender

Hinzu kämen viele Erstspender. Die Blutspenden werden jedoch nicht auf Corona-Viren mit direktem Virusnachweis getestet. "Da es für die Übertragbarkeit des Erregers durch Blut und Blutprodukte keine Hinweise gibt, ist dies nicht erforderlich".

Tests seien darüber hinaus aufgrund der aktuell geringen Verfügbarkeit von Test-Kits nicht möglich, sagt Nohe. Außerdem werde durch die Ankündigung einer Testung ein falscher Anreiz für potenziell Erkrankte geschaffen, zur Blutspende zu kommen und damit andere zu gefährden.

Arne Manzeschke, Leiter der Fachstelle für Ethik und Anthropologie im Gesundheitswesen der bayerischen evangelischen Landeskirche, sieht das alles kritisch. Das BRK trage Verantwortung für seine Handlungen in verschiedener Richtung. So sollte man erwarten können, dass die Empfänger von Blutspenden nur mit "sicheren" Spenden versorgt werden.

Ansteckung durch Blutspenden?

"Ihre Abhängigkeit von Blutspenden macht sie schon zu verletzlichen Personen, die nicht noch mehr in Gefahr gebracht werden dürfen, dass sie verunreinigtes, zumindest qualitativ nicht getestetes Blut erhalten", meint der Professor für Anthropologie und Ethik für Gesundheitsberufe an der Evangelischen Hochschule Nürnberg.

Wenn nicht genügend Tests vorhanden sind, um alle Blutspenden rechtzeitig zu testen, müsse die Abwägung lauten: ist der Schaden durch nicht getestetes Blut geringer, als der Schaden, der entsteht, wenn gar kein Blut gespendet würde. Diese Dilemma lasse sich nicht umgehen. Es wäre zumindest sicherzustellen, dass die spendenden Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit das Corona-Virus nicht übertragen. 

"Auf anderer Ebene wäre natürlich zu diskutieren, warum für Spenderblut zu wenig Tests vorhanden sein sollen, wenn gleichzeitig der DFB betont, dass die Tests für die Fußballspieler, um die Bundesliga wieder anlaufen zu lassen, niemandem etwas wegnehmen würden", kritisiert Manzeschke die Prioritätensetzung.

Auch die Annahme des BRK, dass mehr Menschen zum Blutspenden gehen würden, weil sie auf diese Weise zu einem kostenlosen Corona-Test kämen, sieht Manzeschke zwiespältig.

Blutspende als "Anreiz" für Coronakranke?

Wenn sowieso zu wenig Tests vorhanden seien, würde man diesen Spendern auch keinen "falschen Anreiz" setzen können. Sollten dagegen genügend Testkapazitäten vorhanden sein, dann wäre der Anreiz vielleicht auch nicht ganz falsch: Man könne dann ja auch alle Spendewilligen testen. Zum einen hätte man sicheres Blut, zum anderen wüssten die Leute mehr über ihren Gesundheits- oder Krankheitsstatus.

Nach wie vor werden die Spenden in das Produktions- und Logistikzentrum des BRK nach Wiesentheid (Landkreis Kitzingen) gebracht und dort weiter verarbeitet. Dazu werden die Blutkonserven zentrifugiert und in ihre Blutbestandteile (Erythrozyten, Thrombozyten und Plasma) aufgeteilt. So entstehen Erythrozytenkonzentrate, Thrombozytenkonzentrate und Plasma.

Bei der Spende werden außerdem Kontrollröhrchen entnommen, die in Labors in München und Wiesentheid auf die Blutgruppe und den Rhesusfaktor untersucht werden. Danach wird das Blut auf Infektionskrankheiten wie HIV, Hepatitis und Syphilis mittels Antikörper- und Virusdirektnachweis-Tests unter die Lupe genommen. 

Die Universitätsklinik Augsburg ruft derzeit deutschlandweit bereits geheilte Corona-Patienten zu Blutplasmaspenden auf, weil ein Therapieansatz mit einer Blutplasmaspende bei lebensbedrohlich erkrankten Corona-Patienten erfolgversprechend sein könnte. Auch das Universitätsklinikum Erlangen stellt solches therapeutisches Plasma her. Und in den stationären Apherese-Zentren des BRK werde derzeit die Umsetzung und Zulassung solcher Therapiemethoden in Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden geprüft, sagt Nohe.