Die Kirchenbindung in Deutschland nimmt laut einer neuen Studie schneller ab als erwartet: Die bayerische evangelische Landeskirche will daher ihre begonnenen Reformen "mit aller Energie" vorantreiben. "Wir wollen genau hinhören, was unsere Kirchenmitglieder von uns erwarten und für ihr Leben brauchen", sagte Landesbischof Christian Kopp. Am selben Tag hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) während der EKD-Synodentagung in Ulm ihre sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung vorgestellt.

"Wir suchen weiter nach neuen Wegen, wie wir den Trost, das Zuhören, praktische Nächstenliebe und das solidarische Eintreten für Menschen in Not glaubwürdig erlebbar machen", sagte Kopp weiter. Die bayerische Landeskirche hatte im Jahr 2017 ihren Reformprozess "Profil und Konzentration" (PuK) gestartet. Damit will sie sich zukunftsfest aufstellen - angesichts von weniger werdenden Kirchenmitgliedern und theologischem Nachwuchs sowie sinkenden Kirchensteuereinnahmen.

Ergebnisse der Mitgliederstudie

  • Derzeit ist laut der EKD-Studie noch eine knappe Mehrheit der Deutschen christlich-konfessionell gebunden.  Nach derzeitigem Trend werde 2024 der Anteil der christlich-konfessionell Gebundenen unter 50 Prozent sinken.
  • Zähle man die Mitglieder aller christlichen Konfessionen, auch der Orthodoxen und Freikirchen, zusammen, machte deren Bevölkerungsanteil Ende 2022 noch 52 Prozent aus.
  • Nach derzeitigem Trend werde 2024 der Anteil der christlich-konfessionell Gebundenen unter 50 Prozent sinken.
  • Religiöse Menschen sind laut der Studie in der Gesellschaft schon heute deutlich in der Minderheit. 13 Prozent der Befragten verstehen sich als kirchlich-religiös, 25 Prozent als religiös-distanziert, 56 Prozent sind Säkulare, denn auch unter den Kirchenmitgliedern bezeichnetet sich rund ein Drittel als nicht religiös.

Laut Befragung sollen Kirchen vor allem mehr Beratungsstellen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen anbieten, sich für Geflüchtete einsetzten und sich im Klimaschutz engagieren. Und es sei Fakt, "über Religion wird vor allem innerhalb der Kirche gesprochen", sagte Volker Jung. "Damit wir von allen Menschen gehört werden, müssen wir unsere Sprache überdenken."

Die Studie wurde von Christopher Jacobi, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD vorgestellt. Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie, die Einstellungen zu Religion und Kirche in der Bevölkerung untersucht. In der aktuellen Studie wurden erstmals auch Ergebnisse für katholische Kirchenmitglieder mit erhoben.

Die Befragung fand zwischen Oktober und Dezember 2022 durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa statt. Insgesamt wurden 5.282 Personen befragt. Die Studie entstand unter Federführung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, die katholische Deutsche Bischofskonferenz war erstmals an der Erstellung beteiligt.

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