Das Problem kennt man vom "schiefen Turm von Pisa" – das weltberühmte, seitlich geneigte Wahrzeichen der italienischen Stadt steht auf einem nachgebenden Untergrund. Ähnlich liegt der Fall auch bei der auf das 13. Jahrhundert und die Burg Reicheneck zurückgehenden Stephanuskirche, die einst auf sandigem Boden gebaut wurde. "Wir mussten was machen, die Kirche schien nach und nach immer weiter abzusacken", erinnert sich Jürgen Vogel, Kirchenvorstandsmitglied, an die ersten, mittlerweile zehn Jahre zurückliegenden Untersuchungen. Risse tauchten in der feucht gewordenen Fassade auf, auch das Holz der Dachtragewerke war beschädigt.

Kirchengebäude Kainsbach mit Beton unterspritzt

In zwei Bauabschnitten von 2013 bis 2019 wurden die Statik durch eine Fassadensanierung gesichert und die verdrehte Kirchturmspitze repariert. Um den Hang zu sichern, wurden am Westgiebel Bohrpfähle gesetzt und flüssiger Beton bis zu zwölf Meter tief unter das eigentliche Kirchenfundament gespritzt. So tief musste die Fachfirma bohren, bis sie wieder auf festem Untergrund landete und die 25 Pfähle setzen konnte.

Vorher hieß es aber für die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer der Kirchengemeinde, die durch Mitglieder umliegender Ortschaften rund 370 Köpfe umfasst, und freiwillige Bürger: Ran an Spaten und Pickel! "Wir legten die Außenwände bis auf zwei Meter Tiefe in Eigenleistung frei, sodass die Fachleute mit ihren Bohrungen ansetzen konnten", beschreibt Vogel den Einsatz.

Danach ging es innen weiter: Bei einer früheren Kirchenrenovierung in den 1950er-Jahren war der Bauschutt einfach im Gewölbe des Chorraums verstaut worden. Mittlerweile hatte das Gewicht von Steinen und Putz so stark auf die Gesamtkonstruktion gedrückt, dass auch hier Risse zum Vorschein kamen und die Balken des Dachs ausgebessert werden mussten. Vogel denkt an die langen Menschenketten zurück, bei denen die Helfer sich Eimer umEimer reichten, um den Schutt abzutransportieren. "Da gingen viele Samstage drauf."

Mittelalterliche Malereien entdeckt

Doch bei den Arbeiten kamen auch Dinge zum Vorschein, die man gerne wieder ans Tageslicht brachte: Unter dem Putz im Chorraum entdeckte man noch weitere Malereien, die man dort nicht vermutet hatte. Die gotischen Wand- und Deckenmalereien und ein spätmittelalterlicher Altar mit Szenen aus dem Leben des heiligen Stephanus wurden dann ebenso wie Kanzel, Empore und Gestühl gesichert und restauriert. "So hab ich unsere Kirche noch nie gesehen", freut sich Vogel.

Pfarrer Gottfried Kaeppel freut sich zudem, dass nach dem Bezahlen der veranschlagten Kosten von rund 650 000 Euro noch Geld übrig blieb, um den beschädigten Treppenaufgang zur Empore zu ersetzen und auch den Platz vor dem Eingang frisch zu pflastern. Der hohe Grad an Engagement in Kainsbach kam übrigens schon 2005 erstmals zum Tragen: Damals wurde das Dorfgemeinschaftshaus als erstes gemeinschaftliches Projekt von evangelischer und politischer Gemeinde auf dem Gebiet der evangelischen bayerischen Landeskirche realisiert.

Auch der Altar und die Malereien im Chorgewölbe wurden umfassend saniert.

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