"Die eine Prinzessin ist zu dick, die andere zu alt - Sie können es den Leuten mit einem Prinzessinnenpaar nie recht machen", Susi Zeilinger gibt sich entspannt. Sie ist die Vorsitzende der Fastnachtsgesellschaft "Crazy Dancers" in Nürnberg. Der Verein hat das erste lesbische Prinzessinnenpaar in der Nürnberger Fastnachtslandschaft gekürt. Gleichgeschlechtliche Prinzenpaare sind nicht mehr exotisch. "Das ist nichts Besonderes", sagt der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Klaus-Ludwig Fess. Er erfahre jährlich von etwa zehn bis zwanzig gleichgeschlechtlicher Paaren. "Das ist ein Spiegelbild der Gesellschaft".

Im fränkischen Schwanstetten beim "Schwander Carnevals Club" sind Chriss I. und Stefan III. an der Macht, in Mönchengladbach Prinz Axel I. (Ladleif) und Prinz Niersius Thorsten. Im Saarland üben in dieser Saison Ute die I. und Heike II. ihr Amt bei den "Kleinblittersdorfer Rebläusen" aus.

Natürlich würden in den sozialen Netzwerken "komische" Kommentare geschrieben über die beiden Frauen als eines von drei Nürnberger Prinzenpaaren, sagt Zeilinger, die bei den Crazy Dancers auch den Posten des "Narren" innehat. "Ihr müsst jetzt stark sein", habe sie den beiden nach der Ernennung vorsichtshalber geraten. Aber das Thema Homosexualität würde inzwischen kaum jemand mehr ansprechen.

Fasching in Franken: Wer hinter dem gleichgeschlechtlichen Prinzessinnenpaar steckt

Es regieren in dieser Saison "Prinzessin Marcella I. und ihre Lieblichkeit Prinzessin Sena I.", heißt es in der Saison-Festschrift. Die medizinisch-technische Assistentin Sena und die 29-jährige Geschäftsführerin einer Lottoannahme, Marcella, sind seit vier Jahren ein Paar und seit zwei Jahren verheiratet. Im Stadtteil Gostenhof bewohnen sie mit zwei Kätzchen eine Wohnung im vierten Stockwerk eines Mehrfamilienhauses und blicken von dort auf die Gleise zwischen Fürth und Nürnberg. In ihrer Freizeit reisen sie gern, am liebsten zu Christopher-Street-Day-Paraden, erzählt Marcella.

Seit der Inthronisation Mitte November aber hat der Terminkalender der beiden an den Wochenenden kaum eine Lücke: Kinderfasching, Maskenball, Faschingsball mit Livemusik. Als es kurz vor Weihnachten keine Feiern und Bälle gab, hätten sie beinahe nicht gewusst, was mit der Freizeit anfangen.

Die Hoheiten Sena und Marcella drehen sich mit Vergnügen im Walzerschritt zum selbst gewählten Lied "You are the reason" von Leona Lewis und genießen den Trubel. Passend zum gleichgeschlechtlichen Prinzessinnenpaar stehen in diesem Jahr bei den Crazy Dancers die Musik, die Saaldekoration, die Orden und sogar die Prunkmützen mit regenbogenfarbenen Troddeln unter dem Motto "Regenbogen". Vielfalt und Buntheit passten doch wunderbar zum Fasching, sagen Susi Zeilinger und Tanztrainerin Angie Moritz, die für die Ausstattung zuständig ist.

Frankenfasching: Das erste lesbische Faschingspaar in Nürnberg

Marcella, die im Prinzessinnenpaar die Hosenrolle übernommen hat, ist die treibende Kraft hinter dem Faschingsengagement. Sena dagegen, in Nürnberg geborene Tochter eines türkischen Vaters und einer bosnischen Mutter, sagt, "ich wusste überhaupt nicht, dass es so was wie Faschingstreiben gibt". Ganz schwach kann sich die 25-Jährige an einen Kindergartenfasching erinnern.

Die Fränkin Marcella, die den Namen Suljkanovic ihrer Frau angenommen hat, ist dagegen in ihrer Kindheit begeisterte Faschingsgängerin gewesen. Später ließ die Leidenschaft etwas nach, aber ihre Cousine, Tänzerin bei den Crazy Dancers, steckte sie wieder an. Sena ging mit ihrer Frau zum Verein und schwärmte dort, sie könnte sich vorstellen, "auch einmal Prinzessin zu sein". Die Vorsitzende nahm sie beim Wort. Sena I. und Marcella I. werden in der nächsten Saison noch einmal die Prunkgewänder in Blau und Türkis mit Glitzersteinchen und Tüll tragen.

Denn nun ist fast vergessen, dass zu Beginn der Saison das Prinzessinnenpaar und die Vereinsverantwortlichen noch angespannt und nervös auf Medienberichte über das lesbische Faschingspaar warteten. Dass blöde Bemerkungen weitgehend ausblieben, ist für Tanzlehrerin Angie Moritz "eine Generationenfrage". Für die Kinder der heutigen Generation, seien gleichgeschlechtliche Paare normal. Als sie einmal ihrem Zehnjährigen sagen wollte, warum sich vor ihren Augen gerade zwei Männer geküsst hätten, war der ihr zuvorgekommen: "Die küssen sich, weil die sich einfach lieben".