Bei der Premiere wurde deutlich, wie bereichernd das Anderssein sein kann. Da kommt eine Art Kind mit Rüsselnase, blauen Punkten im Gesicht mit, roten Borstenhaaren, Froschfüßen und einem prallen, runden Bauch plötzlich in das Leben eines echten "Normalos" und mischt dieses komplett auf. Als Herr Taschenbier (herrlich verplant verkörpert von Alexander Ourth) die Zufallsbekanntschaft mit diesem Wesen macht und ihm den Namen "Sams" verpasst, weil gerade Samstag ist, trifft er voll ins Schwarze. Das "Sams" (liebevoll von Rebekka Michalek gespielt) erklärt den Nervösling kurzerhand zu seinem Vater und weicht ihm fortan nicht mehr von der Seite. Schlimmer, es wirbelt das bisher eintönige Leben Taschenbiers komplett durcheinander, bringt Unruhe in dessen Gleichförmigkeit, versetzt ihn in peinliche Situationen – und revolutioniert am Ende doch den Alltag und letztlich die Weltsicht des Mannes, der erkennt, dass ein bisschen anders zu sein durchaus erfrischende Wirkung haben kann und am Ende sogar bereichernd ist.

Das Sams: Wie erstrebenswert ist es, "normal" zu sein?

Eine Geschichte, die schon seit der Veröffentlichung des ersten Maar-Buchs "Eine Woche voller Samstage" im Jahr 1973 Kinder und Erwachsene ebenso begeistert, weil sich eigentlich jeder darin wiederfinden kann. Und weil sich jeder manchmal wünscht, dass der Trott durchbrochen werde und von außen mal Impulse kommen, die einem wieder vor die Augen führen, dass Spaß am Leben, Freundschaft und Liebe die eigentlich wichtigen Dinge sind, die am Ende des Tages zählen. Lennart Matthiesens schwungvolle Inszenierung fesselt daher auch nicht nur die Kinder im Publikum.

Die Message ist deutlich: Es loht sich mutig zu sein, sich mit dem Fremden ein- und sich verzaubern zu lassen. So wie das "Sams" das mit Herrn Taschenbier tut. Vielleicht hätte diese Verzauberung auch nie in dieser Form stattfinden können, wäre das "Sams" ganz normal. Doch: Was ist eigentlich "normal"? Und ist Normalität überhaupt erstrebenswert, wenn sie doch eher einengt?

Leben vor Corona hinterfragen - Kreuzgang-Spiele Feuchtwangen

Fragen, die sich die Menschen gerade in den Monaten der Corona-Pandemie auch stellen und dabei erkennen, dass derzeit vielleicht vieles einfach ärgerlich und bedrückend ist. Aber vielleicht gilt es zu hinterfragen, ob vor Corona vielleicht nicht alles besser war. Beziehungsweise steckt trotz des ganzen uns umgebenden Übels in der Krise auch die Chance, viele Lebensbereiche auf den Prüfstand zu stellen und neue Schlüsse daraus zu ziehen. Und dann wären wir doch wieder bei Paul Maars Grundidee, wegen der er das "Sams" in die Welt schickt.

Zehn Monate hatte es gedauert, bis die Schauspieler des Kreuzgang-Spiele-Ensembles endlich wieder vor ein Publikum treten konnten, wie Feuchtwangens Bürgermeister Patrick Ruh zu Beginn der Saison 2021 erklärt hatte. Doch auch hier zeichnete sich der Wille und die Hoffnung auf einen Theatersommer schon im Februar ab: Der Stadtrat gab dem Projekt grünes Licht, die Planungen und Proben konnten beginnen. Vom Freistaat Bayern wurde dann sogar noch die gesamte Finanzierungslücke von 400 000 Euro, die durch den geringeren Kartenverkauf im Vorjahr entstanden war, ausgeglichen.