Kilometerweit erstreckt sich die viel befahrene Regensburger Straße im Nürnberger Süden. Wer die Stadt hier durchquert, ist sicherlich schon an der 1901 eingeweihten Peterskirche mit ihrem 62 Meter hohen Turm vorbei gefahren, wenngleich man sie trotz ihrer wuchtigen Größe wegen des hohen Verkehrsaufkommens meist kaum beachtet.

Viel los war hier schon vor rund 150 Jahren, als Nürnberg im Zuge der Industrialisierung mächtig wuchs, und damit auch die Bevölkerung, die ein geistliches Zuhause brauchte. Schon 1864 wurden erste Pläne zum Bau einer Kirche gefasst, wie Pfarrerin Christine Rinka erklärt, die mittlerweile 33 Jahre in der Gemeinde ist. Die auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehende, gotische Kapelle, die 1440 von dem Nürnberger Patrizier Gabriel Tetzel gestiftet wurde, reichte platzmäßig nicht mehr aus. Heute ist sie nahezu eingebaut zwischen mehrstöckigen Wohnhäusern, wo sie beinahe wie ein Fremdkörper aus alter Zeit wirkt. Wie Rinka erklärt, werde aber in der Kapelle in den wärmeren Monaten regelmäßig Gottesdienst gefeiert. "Und sie wird gerne für Trauungen und Beerdigungen genutzt", ergänzt die Pfarrerin.

Der Kirchenführer war schon immer ein Traum für Bürchert 

Entstanden war die Vorgängerkapelle als Stiftung rund um einen Siechkobel, einer Art "Hospiz des Mittelalters", wie es in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an mehreren Stellen in Nürnberg entstanden ist. Gesa Büchert, die am Lehrstuhl für Didaktik der Geschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg arbeitet, beschreibt in einem frisch aufgelegten, im Regensburger Kunstverlag Schnell & Steiner erschienenen Kirchenführer Baustile und Kunstwerke der beiden Sakralbauten. Seit sie in der Gemeinde aktiv ist, habe sie sich mit der Geschichte der beiden Kirchen beschäftigt und dort in den letzten 15 Jahren viele Führungen und Kunstgespräche durchgeführt. "Es war immer mein Wunsch, einen richtigen Kirchenführer zu schreiben", erklärt Büchert. Als der Verlag im April anfragte, ob sie ein solches Projekt unterstütze, sei sie sofort Feuer und Flamme gewesen.

Es habe sie vor allem überrascht, dass hier bereits im 16. Jahrhundert nur wenige Jahre nach Dürers Tod seine Werke rezipiert wurden. Das gilt für den um 1468 gestifteten Altar von Nikolaus III. Muffel, der Ende des 16. Jahrhunderts mit einer Darstellung der Anbetung der Heiligen Drei Könige nach einem Holzschnitt Albrecht Dürers aus dem Jahr 1511 übermalt worden war. Oben links im Bild sieht man eine Figur im Bild, die Gesa Büchert für eine Darstellung des Propheten Jesaja hält, der gerade die Jungfrauengeburt prophezeit. Bei Restaurierungsarbeiten vor einigen Jahren war dieser freigelegt worden – ein klares Zeichen dafür, dass hier eine frühere Gestaltung übermalt wurde.

Ursula Fischer ist seit 9 Jahren Mesnerin in der Peterskapelle in Nürnberg. Schon bald wurde ihr Arbeitsplatz zu ihrem Lieblingsort. Ein Film von Maike Stark.

Die große Kirche St. Peter ist auf der anderen Straßenseite 

Die Kapelle enthält mit dem eigentlich für die Kirche St. Lorenz vorgesehenen Nikolaus-Altar aus dem Jahr 1437 ein weiteres, besonderes Kunstwerk. Jörg Coeler, Neffe des Stifters Nikolaus Coeler ließ den Altar um 1500 hierherbringen, da er für die Lorenzkirche unmodern geworden sei. Als Urheber vermutet Büchert den "Meister des Cadolzburger Altars".

Christine Rinka verweist im Chorraum auf eine kleine Glocke auf einem Ständer, die an der Wand steht. Sie war einst für die Kapelle angeschafft worden, fand aber aus unerklärten Gründen ihren Weg in den Keller der Nürnberger Sebalduskirche. Erst vor wenigen Jahren wurde sie dort entdeckt und wieder an ihren ursprünglichen Wirkungsort gebracht.

Von der Kapelle aus sind es nur wenige Meter über die Straße zur großen Peterskirche mit ihrer reich ornamentierten Kanzel und dem Taufstein des Nürnberger Steinmetzmeisters Johann Göschel. Sie wurde nach dem "Eisenacher Regulativ" gebaut, einem 1861 von der protestantischen Kirchenregierungskonferenz verabschiedeten Manifest, nach dem neu gebaute protestantische Kirchen den "Charakter der Bauweise der Landesgegend" aufgreifen sollten. Auffällig sind auch die Totenschilde der Patronatsfamilie Holzschuher.

Der Kirchenführer hat Büchert geholfen die Kirche neu zu verstehen

Weniger bekannt ist das hinter einer Eisentür im südlichen Vierungspfeiler zwischen Langhaus und Querschiff verborgene Gedenkbuch an die Verstorbenen des Ersten Weltkrieges. Im nördlichen Eingangsbereich wurde eine Kapelle für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs geschaffen, deren 550 Namen an der Wand aufgelistet sind.

Durch die nochmalige ausführliche Auseinandersetzung mit den Bauten habe sich ihr Blick nochmals verändert, sagt Gesa Büchert. "Mir ist deutlich geworden, wie genial der Architekt die Stilmittel der mittelalterlichen Altstadtkirchen aufgegriffen und weiterentwickelt hat, um einen sehr durchdachten, individuellen, harmonischen Kirchenbau zu schaffen."

Der Bau des Rangierbahnhofes hat St. Peter beeinflusst

Nur ansatzweise in ihrem Kirchenführer erwähnt ist, wie es nach dem Bau der Peterskirche im Nürnberger Süden weiter ging. 1913 wurde nur wenige Kilometer weiter auf dem Gemeindegebiet, das damals um die 30.000 Mitglieder zählte, eine neue Kirche in der ab 1903 entstandenen neuen Siedlung für das Eisenbahnpersonal rund um den Rangierbahnhof gebaut, der noch heute einer der weltweit größten dieser Art ist. Da der Weg zum Gottesdienst in der Peterskirche zu weit war, wurde zuerst 1907 ein Betsaal in einem Betriebsgebäude des Einfahrbahnhofs eingerichtet. Wie Büchert recherchierte, war es aber wohl von Anfang an das Ziel, hier ein eigenes Kirchengebäude zu errichten, für das die Eisenbahnverwaltung den Baugrund kostenfrei zur Verfügung stellte. Der Bahnarchitekt Albert Lehr entwarf die Kirche, die im September 1913 mit einem Festzug von der Mutterkirche St. Peter eingeweiht wurde. Am Eingang wurden die Figuren der Apostel Peter und Paulus aufgestellt, die auf das ursprüngliche Patrozinium der Peterskirche verweisen sollten. Nach St. Paul entstand 1930 schließlich dazwischen noch die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche.

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Peter Nürnberg

Regensburger Straße 30
90478 Nürnberg
Tel. 0911 - 46 60 75
Fax 0911 - 47 22 24

E-Mail: pfarramt.st-peter@elkb.de

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