Nach mehreren Anti-Corona-Kundgebungen in Regensburg äußert das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Regensburg Kritik. Rechtsextremistische Gruppen hätten zur Teilnahme mobilisiert, sagt Junge-Forums-Sprecher Dennis Forster im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.

Zuletzt bemächtigten sich die Demonstranten auch des Dani-Karavan-Denkmals, das an die ehemalige jüdische Gemeinde erinnert, die im antisemitischen Wahn vertrieben wurde und erst Jahrhunderte später zurückkehren konnte.

Herr Forster, Ihr Vorwurf lautet, dass die Menschen, die sich auf diesen Kundgebungen angeblich spontan getroffen hätten, von rechtsextremen Gruppierungen unterwandert seien.

Dennis Forster: Nicht nur unterwandert, sondern inzwischen dominiert von rechtsextremen Ideologiefragmenten und Verschwörungs-Mythologien. Man kann das charakterisieren als eine Querfront, die da aufmarschiert. Die meisten der Demonstranten würden vielleicht leugnen, dass sie etwas mit Rechtsextremen und mit Antisemitismus zu tun haben. Aber es werden eindeutig Ideologien aufgegriffen, die man dem Spektrum zuordnen kann.

Sie nennen sich "Corona-Rebellen" und instrumentalisieren diejenigen, die etwas gegen die Corona-Maßnahmen haben. Woran machen Sie Ihre Vermutung fest?

Forster: Es deutet viel darauf hin, dass diese Demos ein gezielter Versuch eines rechtsextremen Milieus sind, Leute in ihre Reihen zu bekommen, die sonst weder politisch sind noch in einschlägigen rechten Kreisen unterwegs sind.

In den Chatgruppen der Demonstranten dominieren Links zu einschlägigen rechtsextremen Portalen wie "KenFM" oder "Rubikon", Links zu Seiten, auf denen von "QAnon" Verschwörung fabuliert wird, die auf die antisemitische Ritualmordlegende anspielen.

Zugleich wird da auch immer wieder die Schoah relativiert, indem die aktuellen Maßnahmen gegen Corona mit der Nazi-Diktatur gleichgesetzt werden.

Wie hat die Polizei darauf reagiert, dass zum Beispiel auf einem T-Shirt 1933 mit 2020 gleichgesetzt wird?

Forster: Soweit wir das beobachtet haben: gar nicht. Da würde ich mir wünschen, dass die Polizei dies durchaus als Volksverhetzung ahndet. Da sollte die Polizei sensibilisiert werden, dass auch so etwas Volksverhetzung sein kann, eine absolute Geschichtsklitterung darstellt und den vielen Millionen Opfern des nationalsozialistischen Regimes nicht gerecht wird. Dass es nicht immer die Skinheads sein müssen, die den Hitlergruß zeigen.

2018 waren es 220 antisemitische Straftaten in Bayern, 2019 schon 300. Was fordern Sie?

Forster: Wir fordern mehr Ressourcen in Aufklärungs- und Bildungsarbeit zum Thema Antisemitismus und menschenfeindliche Ideologien. Aber es sind weniger die jungen Leute, die auf diese Demos gehen.

Da möchte ich an die Vernunft jeden einzelnen mündigen Bürgers appellieren, dass man innehält, wenn man einfache Antworten geliefert bekommt auf unsere komplexe Welt und deren Probleme.

Dass man nachhakt, ob es wirklich sein kann, dass ein paar Leute alles kontrollieren und die Strippen ziehen. Gibt es denn noch nicht genug historische Negativ-Vorbilder dafür, welches mörderische Potenzial hinter solchen Verschwörungs-Mythen steckt?

Wie haben Sie es empfunden, als sich die Demonstranten zuletzt auch des Dani-Karavan-Denkmals bemächtigten, das an die ehemalige jüdische Gemeinde erinnert?

Forster: Ich möchte diese Leute in Schutz nehmen, die vielleicht nicht wussten, was das für ein Ort ist. Ich möchte nicht alle als Antisemiten darstellen, die dabei waren. Aber ich möchte eindringlich dazu aufrufen: Nehmt ernst, dass vieles antisemitisch ist, was dort geäußert wird. Wenn das auf dem Denkmal stattgefunden hat, dann ist es ignorant und geschichtsvergessen. Oder es ist schlichtweg schamlos gegenüber den vielen Opfern antisemitischer Gewalt.