Die 54-jährige Monika P. hat sich auch an diesem Freitag beim "Obdachlosen-Frühstück To Go" angestellt. Jetzt hat sie einen Apfel, einen Joghurt, Brötchen, Veggie-Wurstaufschnitt und andere Lebensmittel aus einer großen braunen Papiertüte in ihren Trolley gepackt. "Das reicht mir für zwei Tage", sagt sie. Monika P. ist wegen einer schweren Krankheit auf Hartz IV angewiesen - und sie ist froh, dass sie sich freitags am evangelischen Haus "eckstein" etwas zu essen holen kann:

"Es ist ja alles teurer geworden."

Als kurz vor Ostern 2020 der erste Lockdown wegen der Corona-Pandemie in Kraft trat, musste auch die Ökumenische Wärmestube zeitweise schließen und das Obdachlosen-Frühstück der Kirchengemeinden am Sonntag entfiel. Kein Mensch war auf den Straßen, der einem Obdachlosen mal einen Euro zusteckte oder ein Brötchen kaufte. Pfandflaschen-Sammeln entfiel auch. Und so entstand die Idee des Obdachlosen-Frühstücks zum Mitnehmen.

Anfangs waren es Studentinnen, Studenten und Schüler, die Lebensmitteltüten packten und in einer festen grünen Plastikkiste aus dem Fenster ließen. Die Älteren mussten ja aus Vorsicht vor der Ansteckung zu Hause bleiben. 120 Menschen holten sich dieses "Frühstück" ab. Um die Ecke gab es Kaffee und warme Suppe.

Warteschlange wird wieder länger

Kaffee und Suppe gibt es auch heute noch - inzwischen aber sind die 20 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Pensionäre und Rentner - und sie füllen nun für mehr als 600 Personen Papiertüten mit Nahrungsmitteln, die von Spendengeldern gekauft werden. Während die Warteschlange im Frühjahr 2021 kürzer wurde, wird sie in diesem März wieder länger. 3.500 Euro benötigt die Leiterin des Projekts, die evangelische Diakonin Ute Kollewe, wöchentlich für die Essensausgabe.

Kollewe gönnt sich gerade eine Pause auf den Eingangsstufen des "eckstein". Ein Mann im abgewetzten Blouson kommt auf sie zu und drückt ihr einen Umschlag mit einer Spende in die Hand. Dann spricht sie eine vornehm gekleidete ältere Dame mit Hut und slawischem Akzent an. Die Nürnbergerin mit weißrussischen Wurzeln fragt für eine ukrainische Flüchtlingsfrau mit ihren Kindern um Hilfe.

Manche Ukrainer noch völlig mittellos

Mehr als 100 ukrainische Flüchtlinge, so schätzt Ilka Ziemann vom ehrenamtlichen Team, stellen sich inzwischen ebenfalls wöchentlich in die lange Schlange, die sich bis weit hinter die Sebalduskirche zieht. Manche Ukrainer bekommen erst in einigen Tagen erste Sozialhilfe-Überweisungen auf ihre neu eröffneten Konten. Für sie ist der Kauf einer einzigen Tafel Schokolade noch ein Problem.

Täglich 1.000 warme Mittagessen für ukrainische Geflüchtete bietet derzeit die Nürnberger Tafel in ihren Räumen an - bereits 1.300 Geflüchtete hätten sich für die wöchentliche Essensausgabe registriert, sagt Johannes Stieg, stellvertretender Leiter der Nürnberger Tafel:

"Perspektivisch rechnen wir mit etwa 2.500 zusätzlichen Kunden."

Bei bisher schon 4.500 Stammkunden sei das ein Anstieg um ein Drittel. Ein ähnliches Bild - in kleinerem Maßstab - bei der Tafel in Erlangen, die von der Diakonie organisiert wird. Am ohnehin stark frequentierten Mittwoch seien zu den rund 90 Stammkunden plötzlich noch 35 ukrainische Kriegsflüchtlinge vor der Tür gestanden, berichtet Tafel-Leiter Johannes Sikorski.

Läden und Bauern haben derzeit selbst nicht so viel

Die Tafeln haben derzeit das Problem, dass sie bei ihren Touren zu den Supermärkten nicht so viel einsammeln können wie sonst. Stieg vermutet, dass die Läden und Bauern derzeit selbst nicht so viel hätten und sich womöglich bereits die gestiegenen Energiekosten bemerkbar machten. Die steigenden Lebensmittelpreise spürt auch Ilka Ziemann vom Obdachlosen-Frühstück. Bei Sonderangeboten im Großmarkt schlägt das Team sofort zu. Deswegen gibt es in der Tüte, die zwischen fünf und sechs Euro wert ist, besagte Veggie-Wurst und Haferflocken.

Ahmed Yilmaz, der sich auch regelmäßig am "eckstein" anstellt, hat die gestiegenen Preise zuletzt selbst beim Mineralwasser in einer Discounter-Filiale bemerkt. Er sei extra noch einmal zur Kasse gegangen und habe sich vergewissert, ob das der richtige Preis war, erzählt er. Bei diesen Kosten reicht ihm Hartz IV nur schwer den ganzen Monat, sagt er. Auch Monika P., muss sparen. Ihr dringendster Wunsch für alle ärmere Menschen klingt machbar: kostenlose Masken.