Die Kemptener Bahnhofsmission ist eine von über 100 Einrichtungen dieser Art in Deutschland. Beim Kommen und Gehen an den Gleisen unterstützen die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer die Reisenden, bieten zwischen zwei Zügen ein warmes Plätzchen und helfen manchmal auch mit Rat und einer warmen Suppe weiter. Heuer besteht die Bahnhofsmission Kempten 50 Jahre. Träger sind die Diakonie Kempten-Allgäu und die Caritas. Ein Motto der Bahnhofsmission: "Was in der Bahnhofsmission passiert, bleibt in der Bahnhofsmission."

Gerda Karl ist seit vielen Jahren eine beliebte Helferin in der Bahnhofsmission. Ihr freundliches Gesicht ist bekannt. Sie bringt viel Erfahrung in der Tätigkeit mit und unterstützt ihre Kolleginnen und Kollegen. Im Wilhelm-Löhe-Haus kennen sie viele Bewohner von den Spielenachmittagen.

Bahnhofsmission Kempten leistet "gelebte Nächstenhilfe"

Dazu gesellt sich auch Hans Reichenauer, der seit sieben Jahren mit Gerda Karl zusammen am Gleis und in den Räumen der Bahnhofsmission Dienst tut. Gemeinsam mit Josef Beck (83) treffen sich die beiden zu einem gemütlichen Plausch über "ihre Zeit" bei der Bahnhofsmission im Café des Löhehauses.

Bereits seit 1882 unterstützten Frauen in Deutschland ratsuchende Mädchen bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft. Ursprünglich wurde sie eingerichtet, um Frauen Schutz und Hilfe zu bieten, die im Zuge der Industrialisierung in die Städte zogen. Die gelebte Ökumene am Bahnhof hat aber schon ihren Ursprung 1898. 1910 folgte dann die Gründung der Interkonfessionellen Kommission für die Bahnhofsmission.

Für Indra Baier-Müller, Geschäftsführerin der Diakonie, ist die Arbeit in der Bahnhofsmission "gelebte Nächstenliebe". Umsteigehilfen für Kinder, Alte und Behinderte – vor 20 Jahren gab es noch keinen Lifter für die Rollstühle – "da wurden starke Männer gebraucht", weiß Gerda Karl.

Bahnhofsmission Kempten hat offenes Ohr für Sorgen

Josef Beck und Gerda Karl erinnern sich aber auch, dass vor 20 Jahren die Arbeit für Menschen in Not noch vor der Hilfe am Gleis kam. "Wir haben Obdachlose zum Floßerhäusle begleitet, ihnen eine warme Suppe gegeben, Menschen mit Sorgen ein offenes Ohr geschenkt."

Beck erinnert sich: "Für uns war damals das Floßerhäusle am Ende der Welt und der Weg bis dorthin beschwerlich." Und Gerda Karl denkt an den Kindersonderzug, der aus dem Norden kam und Kinder zu einer Erholung nach Lindenberg brachte. "Die haben in Kempten von uns immer zwei Kessel voll heißen Tee bekommen, der während der Weiterfahrt ausgeschenkt wurde!"

Heute ist die Betreuung von Obdachlosen nicht mehr so vordringlich. Schließlich gibt es auch die Wärmestube im Roten Kreuz und andere Anlaufstellen. "Und wenn doch jemand in die Bahnhofsmission kommt, dann gibt es Tee und es wird frisch aufgekocht."

Ehrenamtliche Helfer gesucht

Allerdings: Das Team der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wird immer kleiner. Momentan sind es gerade noch sieben Engagierte. "Manche Tage können wir da schon gar nicht mehr präsent sein, da wir den Dienst immer zu zweit machen." Erkennbar sind die Frauen und Männer an den Westen mit dem Logo-Aufdruck der Bahnhofsmission oder den entsprechenden Armbinden. "Ganz früher gab es für uns hellblaue Mäntel", erinnert sich Gerda Karl.

Der Wunsch der Ehrenamtlichen zum 50-jährigen Bestehen: Wieder mehr Helfer! "Wer Interesse hat, Menschen in ihrer Verschiedenheit zu helfen, der ist bei uns genau richtig", sind sich Beck, Karl und Reichenauer einig.

Bahnhofsmission Kempten

Der 50. Geburtstag der Bahnhofsmission wird am 11. Oktober im Hauptbahnhof von 10 bis 14 Uhr mit einem Festakt gefeiert. Dazu ist auch die Öffentlichkeit eingeladen!

Interessierte Bürger, die gerne bei der Bahnhofsmission mitarbeiten wollen, können sich gerne bei der Ehrenamt-Koordinationsstelle der Diakonie, Sabine Pahl, Tel. (08 31) 5 40 59-311, informieren.