Der bayerische Landtag hat sich zu seiner konstituierenden Sitzung getroffen - überschattet wurde sie von der Verhaftung eines AfD-Politikers wenige Stunden zuvor.

Auch vor diesem Hintergrund rief die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) nach ihrer Wiederwahl am Montagnachmittag dazu auf, die Demokratie zu verteidigen. Sie selbst wolle ihr Amt als Landtagspräsidentin - und damit als "Hüterin der Demokratie" - in großer Demut ausüben. Sie wolle eine Präsidentin für alle Fraktionen sein, betonte sie.

Aigner kritisiert "Verrohung" der politischen Kultur

Zugleich kritisierte sie auch eine Verrohung der politischen Kultur und appellierte an die Abgeordneten, nach dem Wahlkampf zur Sacharbeit zurückzukehren. Es gehe um das Gemeinwohl, nicht um "Stimmungsmache, Rauflust oder Radau". "Lassen Sie uns bitte verbal abrüsten", mahnte Aigner.

In der vergangenen Legislaturperiode seien 26 Rügen ausgesprochen worden, die aber wohl keine große Wirkung erzielt hätten, hatte sie bereits am Vormittag im Interview mit dem Radiosender Bayern2 gesagt. Manche hätten die Rügen sogar wie eine Trophäe vor sich hergetragen, kritisierte sie mit Blick auf die AfD-Fraktion, an deren Mitglieder der Großteil der Rügen gegangen war. Demokratie und andere Abgeordnete dürften nicht verhöhnt oder verspottet werden.

Daher wolle sie das Regelwerk im Landtag nachschärfen. So schlug sie im Plenarsaal unter anderem auch finanzielle Sanktionen bei Verfehlungen vor, wie es sie bereits im Deutschen Bundestag gibt. Verfassungsfeinde sollen im Landtag keine Bühne haben, betonte sie. Außerdem plädierte sie für einen Demokratie-Kodex. Abgeordnete sollten etwa auf Desinformation, Hetze im Netz oder die Verbreitung von Verschwörungsmythen verzichten - was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sei, sagte Aigner.

Trotz Haftbefehl: AfD wollte Teilnahme Halembas an Sitzung

Auch Abgeordnete der übrigen Parteien wandten sich deutlich gegen die AfD. Simone Strohmayr (SPD) etwa warf der Partei vor, den Rechtsstaat nicht zu akzeptieren und die Justiz lächerlich zu machen. Trotz Haftbefehls habe die AfD die Teilnahme Daniel Halembas an der konstituierenden Sitzung gewollt. Der 22-Jährige sollte eigentlich als Schriftführer fungieren, war aber nach tagelanger Suche wenige Stunden vor der Sitzung wegen des Verdachts auf Volksverhetzung verhaftet worden - ein bis dato nie dagewesener Vorgang in der bayerischen Landtagsgeschichte.

Auch Alterspräsident Paul Knoblach (Grüne) warnte zur Eröffnung der Sitzung vor Populismus und Extremismus.

"Wer Zwietracht zwischen den Menschen sät, wird ein gespaltenes Land ernten." Er plädierte für Mut, Vertrauen, Offenheit und Sinn für gemeinsame Lösungen - "dann ernten wir alle, dann erntet unsere Demokratie".

Bereits am Vormittag hatten die Bischöfe Christian Kopp (evangelisch) und Reinhard Marx (katholisch) in ihrem Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom die Abgeordneten zu Respekt und Anstand aufgerufen.

Kopp fordert "anständigen Ton"

Eine parlamentarische Demokratie lebe von ausgleichendem Handeln - und das in einem anständigen Ton, sagte der neue bayerische Landesbischof Kopp in seiner Predigt. Die Abgeordneten sollten streiten und Dinge klären - aber nicht "nörgelig und kleinkariert", sondern "großzügig und mit langem Atem".

Der Münchner Erzbischof Marx sagte in seiner Begrüßung, Streit gehöre bei der Parlamentsarbeit dazu. Er bat die Abgeordneten aber darum, dass dieser Streit in großem Respekt voreinander ausgetragen werde, mit der Suche nach dem Kompromiss. Mit dem Gottesdienst wollten die beiden christlichen Kirchen "den Start der Legislaturperiode auch unter den Segen Gottes stellen".

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