Paukenschlag in der evangelischen Sozialbranche des Freistaats: Mathias Hartmann, Vorstandsvorsitzender des evangelischen Sozialunternehmens Diakoneo mit Hauptsitz im mittelfränkischen Neuendettelsau, tritt von seinem Amt zurück. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, verlasse der 60-Jährige Diakoneo komplett. Seine Position werde nicht nachbesetzt, seine Aufgaben werden von den übrigen Vorständen mit übernommen. Der Pfarrer und Diakoniewissenschaftler war seit 2015 Diakoneo-Chef.

Diakoneo hatte zuletzt mit Problemen zu kämpfen. Der Klinik-Bereich des Sozialunternehmens schrieb trotz verschiedener Konsolidierungsversuche teilweise Millionen-Defizite. Nach monatelangen Verhandlungen hatte Diakoneo zum 1. Januar 2025 seine Klinik "Diak" in der baden-württembergischen Kreisstadt Schwäbisch-Hall an den Landkreis verkauft - und der Kommune 37 Millionen Euro an "negativem Kaufpreis" überwiesen. Für die Cnopfsche Kinderklinik und das Klinikum Hallerwiese in Nürnberg sucht Diakoneo weiter einen Käufer.

Knappe Mitteilung: "Persönliche Gründe"

Der gebürtige Frankfurter Hartmann ist von Beruf Pfarrer. Er studierte evangelische Theologie in Erlangen und durchlief sein Vikariat im nahe gelegenen Herzogenaurach. Danach zog es ihn nach Bamberg, wo er zunächst als Studentenpfarrer tätig war. Zum Diakoneo-Vorgänger Diakonie Neuendettelsau kam Hartmann 2003, dort wurde er später als Abteilungsdirektor Bildung des Sozialwerks Mitglied im Vorstand. Die Fusion der Diakonie Neuendettelsau und des Diakoniewerks Schwäbisch-Hall zu Diakoneo im Jahr 2019 war sein Projekt.

In der knappen Diakoneo-Mitteilung vom Mittwoch werden "persönliche Gründe" für Hartmanns Rückzug genannt. Hartmann selbst wird mit den Worten zitiert, er werde Diakoneo und seinen Mitarbeitern "immer verbunden bleiben". Kuratoriumsvorsitzender Pfarrer Werner Schwartz würdigte Hartmanns Verdienste für Diakoneo. Er wünsche ihm "persönlich und beruflich nur das Beste". In der Mitteilung wird zudem gewürdigt, dass Hartmann das Unternehmen "für andere Kulturen und Religionen" wesentlich vorangetrieben habe.

Hinter den Kulissen war schon länger spekuliert worden, ob die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch in der Diakoneo-Führung zu Konsequenzen führen werden. Vom Hartmann-Weggang waren am Mittwoch in Kirche und Diakonie dann doch einige sehr überrascht. Bayerns Diakonie-Präsidentin Sabine Weingärtner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage:

"Es tut mir leid, dass die Situation des Diakoneo nun zu dieser Konsequenz führt."

Die Diakonie Bayern verliere damit auch "ein wichtiges Mitglied" im diakonischen Rat.

Wie es mit dem evangelischen Sozialunternehmen weitergeht, ist unklar - zumal der Chefposten unbesetzt bleibt. Branchenkenner sagten dem epd am Mittwoch, auch eine Zerschlagung des Sozialunternehmens sei denkbar. Der dauerhaft defizitäre Klinikbereich könnte möglichst kostenneutral abgegeben oder abgewickelt werden, die Behinderten- und Altenhilfe möglicherweise von einem anderen diakonischen Träger übernommen werden. Nach epd-Informationen sollen wichtige Entscheidungen dazu noch vor Mitte Februar fallen.

Neuer Geschäftsführer für Diakoneo-Kliniken

Walter Förtsch übernimmt ab dem 1. April die Geschäftsführung der Klinik Schwabach, des Gesundheitszentrums Mittelfranken, der Rangauklinik Ansbach und des Galenus Gesundheitszentrums. Er tritt laut Mitteilung des Trägers Diakoneo damit die Nachfolge von Daniel Weiß an, der die Geschäftsführung zum 31. März abgibt. "Ich freue mich sehr, dass wir mit Walter Förtsch einen überaus erfahrenen Klinikmanager gewinnen konnten, der nicht nur die notwendige Expertise mitbringt, sondern auch die Einrichtungen seit vielen Jahren bis ins Detail kennt und unter den Mitarbeitenden sehr geschätzt ist", sagte Michael Krach, kaufmännischer Vorstand von Diakoneo, laut Mitteilung.

Nach 13 Jahren an einer Nürnberger Klinik wurde Förtsch 2016 Verwaltungsleiter der Klinik Neuendettelsau. Für das heutige Gesundheitszentrum Mittelfranken, das frühere MVZ Diakonie Neuendettelsau, übernahm er 2018 Aufgaben des Personalmanagements und organisatorischer Art. Seit Januar 2022 ist er kaufmännischer Direktor der Klinik Schwabach.

Diakoneo ist mit rund 10.000 Mitarbeitenden einer der größten diakonischen Träger in Deutschland und der größte Süddeutschlands. Heute gehören Seniorenheime, Behinderteneinrichtungen, Schulen und Kliniken dazu. Gegründet wurde sie am 9. Mai 1854 von Wilhelm Löhe als Diakonissenanstalt.

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truk911 am Sa, 25.01.2025 - 08:29 Link

Die "persönlichen Gründe" beinhalten fast alles, auch den überzogenen Ehrgeiz eines Verantwortlichen. Ein "Sozialkonzern" ist schon etwas Eindruckvolles - wenn am Ende nur trümmer übrig bleiben.