Die Kliniken des evangelischen Sozialunternehmens Diakoneo schreiben tiefrote Zahlen - allen Einsparbemühungen zum Trotz. Nun hat Diakoneo für seine Krankenhäuser in Nürnberg und Schwäbisch Hall bei den jeweiligen Kommunen Anträge auf eine Übernahme des Defizits oder zumindest eine Beteiligung daran gestellt.

Wie Diakoneo am Montag in Neuendettelsau mitteilte, richten sich die Anträge an den Stadtrat Nürnberg und den Kreistag Schwäbisch Hall. Erste vertrauliche Gespräche zwischen Diakoneo und den beiden Kommunen in den vergangenen Wochen seien ohne Ergebnis beendet worden.

Diakoneo-Vorstand: Offene, konstruktive Gespräche

Die Gespräche seien "offen, konstruktiv" verlaufen, sagte Diakoneo-Vorstandsvorsitzender Mathias Hartmann am Montag. Es habe allerdings auch die klare Botschaft seitens der Kommunen gegeben, dass man derzeit "nicht mit einer ausreichenden Beteiligung" der Kommunen am Defizit rechnen könne. Man sei "weder beim Thema kommunale Beteiligung" noch beim Thema Defizitausgleich wirklich vorangekommen. Dabei sei klar, dass freigemeinnützige Kliniken ohne kommunalen Beitrag "ihren Auftrag für die Gesundheitsversorgung der Bürger unter den aktuellen Bedingungen nur in Ausnahmefällen finanzieren können", sagte er.

Die Cnopfsche Kinderklinik und das Klinikum Hallerwiese in Nürnberg sowie das Diak Klinikum in Schwäbisch Hall fahren schon länger Verluste ein. Als Grund nennt Diakoneo vor allen Dingen die nicht auskömmliche Finanzierung der Betriebskosten. Nur für 2023 rechne man trotz großer Sparbemühungen mit einem Defizit in zweistelliger Millionenhöhe alleine im Klinikbereich. Diakoneo fordert schon länger eine Gleichstellung seiner Kliniken mit kommunalen Krankenhäusern - dort müssten Defizite über kommunale Haushalte ausgeglichen werden. Eine solche Möglichkeit gibt es für freigemeinnützige Klinikträger wie Diakoneo nicht.

Ökonom rechnet mit weiteren Insolvenzen

Der Bayreuther Gesundheitsökonom Andreas Schmid hatte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag gesagt, er rechne angesichts der Finanzlage etlicher Krankenhäuser mit Insolvenzen. Es werde "auf alle Fälle zumindest in Teilen einen 'kalten Strukturwandel' geben", sagte der Professor für Gesundheitsmanagement und -ökonomie der Uni Bayreuth. Gefährdeter als kommunale oder private Kliniken seien dabei Einrichtungen freigemeinnütziger Träger. Das liege an deren "stärkerer Gemeinwohlorientierung", weil sie "mehr und länger auch in Bereichen engagiert" waren, die kaum Gewinne abwerfen - wie die Geburtshilfe.

Bei Diakoneo arbeitet man - unabhängig von den laufenden Defizit-Anträgen - auch an einem Plan B. Man sei davon überzeugt, dass die Kliniken einen unverzichtbaren Beitrag dazu leisten, dass die jeweiligen Kommunen ihre Pflichtaufgabe im Bereich der stationären Gesundheitsversorgung übernehmen können. Man wolle sich parallel zu den Verhandlungen alle Alternativen offen halten, wird Hartmann in der Mitteilung zitiert, ohne konkreter zu werden: "Wir sind auch im Kontakt mit anderen Gesprächspartnern, um keine Zeit zu verlieren.” Nach epd-Informationen werden bereits Gespräche mit potenziellen Kaufinteressenten geführt.

Das evangelische Sozialunternehmen Diakoneo ist aus einer Fusion der Diakonie Neuendettelsau und des Diakoniewerks Schwäbisch Hall entstanden. Es hat seinen Sitz im mittelfränkischen Neuendettelsau und ist mit rund 11.000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von rund 800 Millionen Euro einer der größten diakonischen Träger in Deutschland und der größte Süddeutschlands.

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