Der Geschlechtseintrag im Pass soll künftig durch eine einfache Erklärung beim Standesamt geändert werden können. Das sehen Eckpunkte für ein sogenanntes Selbstbestimmungsgesetz vor, die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kürzlich vorstellten. Die bisherigen Hürden für die Änderung des Geschlechts seien menschenverachtend und entwürdigend, sagte Paus. Das geltende Recht behandele Transsexuelle wie Kranke, sagte Buschmann.

Transsexuellengesetz soll abgeschafft werden

Daher ist eine Abschaffung des Transsexuellengesetzes vorgesehen. Bislang fordert das Gesetz von Menschen, die ihr Geschlecht im Pass ändern wollen, zwei psychiatrische Begutachtungen, bei denen intime Fragen gestellt werden, die von Betroffenen als entwürdigend empfunden werden. Entscheiden muss dann ein Gericht.

Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums entscheiden die Gerichte in 99 Prozent der Fälle ohnehin bereits im Sinne der Antragsteller und Antragstellerinnen. Nach Angaben des Justizministeriums gab es 2020 insgesamt 2.687 Verfahren nach dem Transsexuellengesetz. Seit 2017 gibt es den Angaben zufolge mehr als 2.000 Verfahren pro Jahr, davor waren es jedes Jahr mehr als 1.000.

Selbstauskunft soll künftig reichen

Die ärztliche Begutachtung sowie die Notwendigkeit eines Gerichtsverfahrens sollen künftig entfallen. Per Erklärung beim Standesamt sollen Volljährige künftig Geschlecht und Vorname im Pass ändern lassen können. Dabei reicht die Selbstauskunft. Auch die äußere Erscheinung soll keine Rolle spielen. Die Korrektur des Geschlechtseintrags werde das, was sie sein sollte, erklärten die Grünen-Politikerinnen Nyke Slawik und Tessa Ganserer - selbst Transfrau:

"Ein unspektakulärer Verwaltungsakt beim Standesamt."

Bei unter 12-Jährigen sollen den Eckpunkten zufolge die Sorgeberechtigten entscheiden. Bei 14- bis 18-Jährigen ist die Geschlechtsänderung auf Wunsch des oder der Minderjährigen mit Zustimmung der Eltern möglich. In Konfliktfällen soll ein Familiengericht entscheiden.

Kinderschützer begrüßen neues Gesetz

Zustimmung zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz kam von Kinderschutzorganisationen. Die vergangenen Jahrzehnte hätten vielfach gezeigt, welche körperlichen Leiden und seelischen Schäden durch Entscheidungen zur geschlechtlichen Identität gegen den Willen von Kindern durchgesetzt werden, erklärte das Deutsche Kinderhilfswerk.

Viele Intersexuelle, also Menschen mit nicht eindeutiger biologischer Geschlechtszuordnung, leiden bis heute an den Folgen von geschlechtsangleichenden Operationen im Kindesalter, über die sie nicht selbst entschieden haben.

Zustimmung bei Christ*innen höher als insgesamt

Und wie sehen Christ*innen die geplante Gesetzesänderung? Das hat das Umfrageinstitut Markt- und Sozialforschungsinstituts INSA-Consulere im Auftrag der evangelischen Nachrichtenagentur Idea untersucht.  Dabei zeigt sich zunächst, dass die Ablehnung bei allen Konfessionsgruppen niedriger ist als in der Gesamtbevölkerung

Denn insgesamt lehnen 43 Prozent der Befragten die Neuregelung ab. Bei Mitgliedern der evangelischen Landeskirchen sind es dagegen nur 38 Prozent, die das neue Gesetz ablehnen. Von den Katholik*innen sind der Umfrage zufolge 39 Prozent dagegen, bei den Freikirchler*innen 37 Prozent. 

Auch die Zustimmungsrate ist über alle christlichen Konfessionen hinweg höher als in der Gesamtbevölkerung. So sind es bei landeskirchlichen Protestant*innen 34 Prozent, bei Katholik*innen 36 Prozent und bei Freikirchler*innen 35 Prozent. Somit liegen alle drei christlichen Befragten-Gruppen über dem Durchschnitt: Denn von allen Befragten sind nur 33 Prozent für das Selbstbestimmungsgesetz

(Mit Material von epd)