Brennende Häuser in den Nachrichtenbildern, Gespräche unter Erwachsenen über Krieg in Europa: Kinder bekommen unweigerlich belastende und sie ängstigende Eindrücke vom Krieg in der Ukraine mit. Eltern sollten angesichts des Ukraine-Kriegs nach Überzeugung der Münchner Kinderpsychiaterin Gudrun Rogler-Franken auf die Ängste ihrer Kinder eingehen. Die Vorsitzende des Berufsverbands für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Bayern sagte dem Sonntagsblatt, Eltern sollten ihre Kinder beruhigen und ablenken und ihnen helfen, wieder zurück in die "Normalität" zu finden:

"Wenn ein Kind Angst hat, dann ist es immer gut, mit ihm zu reden und die Ängste ernst zu nehmen",

Wichtig, mit Ängsten nicht allein zu bleiben

Für Kinder sei es wichtig, mit ihren Ängsten nicht allein zu bleiben und zu erleben, dass Gemeinsamkeit und Verbundenheit mit anderen Menschen stark macht. Daher sollten Eltern ihre eigenen Ängste nicht auf die Kinder übertragen, rät Rogler-Franken. Das bedeutet zum Beispiel: nicht die ganze Zeit den Fernseher mit den Kriegsbildern laufen lassen. Solche Schreckensnachrichten dürften nicht permanent Thema sein:

"Ab einem gewissen Punkt muss man Kinder auch schützen."

Das bedeute aber nicht, dass Eltern das Thema "Krieg" nicht ansprechen dürften.

Schon mit Vorschulkindern über Krieg sprechen

Man könne schon mit Vorschulkindern über den Ukraine-Krieg sprechen. Dabei könne man etwa betonen, wie gut es sei, dass in Deutschland Frieden herrsche. Außerdem würden Rituale den Kindern helfen, sagte Rogler-Franken. Eltern könnten mit ihren Kindern zum Beispiel ein Friedenslicht anzünden. Das könne eine echte Kerze sein oder auch eine virtuelle, die per Messenger weitergeschickt werde. "Das hat etwas Tröstliches", betonte die Fachärztin. Man könne auch für die Menschen in der Ukraine beten.

"Es geht darum, den eigenen Ängsten etwas entgegenzusetzen."

In ihrer eigenen Praxis erlebe sie es, dass Ängste in der Corona-Pandemie zugenommen hätten. Immer wieder bekomme sie auch zu hören, dass Kinder und Jugendliche wegen der Klimakrise Angst vor der Zukunft hätten - neuerdings auch wegen des Ukraine-Kriegs.

Online-Ratgeber will Eltern helfen

Auch die bayerische Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) rät dazu, mit Kindern über schlimme Nachrichten zu sprechen. "Um Eltern bei diesem sensiblen Thema zu unterstützen, haben wir auf unserem 'BAER - Bayerischer Erziehungsratgeber' einen Beitrag mit Antworten zu den wichtigsten Fragen veröffentlicht, wie Eltern mit Kindern über schlimme Nachrichten sprechen können", teilte sie mit.

Eltern erfahren auf dem Online-Erziehungsratgeber, wie Kinder Nachrichten verarbeiten, wie die Erwachsenen den Kindern bei der Einordnung helfen können und warum es sogar problematisch ist, Kinder von schlimmen Nachrichten fernzuhalten. Außerdem weise der Betrag darauf hin, wo aktuelle Ereignisse sowohl als Fernsehsendungen als auch im Nachrichtenformat kindgerecht aufbereitet werden.

Kindergottesdienst-Pfarrerin: Einfach und ehrlich antworten

Susanne Haeßler, Pfarrerin für Kindergottesdienst, stellt fest, dass Kinder derzeit unterschiedlich stark, je nach Alter, spüren, "dass wir selbst als Erwachsene gerade voller Sorgen die Nachrichten verfolgen". Wenn Kinder fragen, was da jetzt los sei, sollte man einfach und ehrlich antworten, ihnen nur Informationen geben, die sie nachfragen und brauchen, und sie mit Nachrichtenbildern nicht allein lassen, rät Haeßler laut einer Mitteilung des Landesverbands für Evangelische Kindergottesdienstarbeit in Bayern.

Kinder seien wissbegierig. Es gebe beim Thema Krieg aber auch eine emotionale Botschaft der Kinder hinter den Fragen: die nach der eigenen Sicherheit. Man sollte die eigene Angst nicht verleugnen, aber:

"Es ist als Erwachsene meine Aufgabe, Kindern, die mir anvertraut sind, Rückhalt zu geben, sie zu stärken, ihr Vertrauen ins Leben zu hüten und nicht zu untergraben."

Es gelte nun auch, Feinbildern entgegenzuwirken. Außerdem helfe es, zu wissen: Kinder können in Themen "reinspringen" und unvermittelt wieder "rausspringen". Das sei gut so, denn es sei ein Schutz. In der Trauerarbeit mit Kindern sei das oft beobachtet worden.