Die Diakonie Bayern hat die aktuellen Zahlen zur Kinderarmut in Deutschland am Montag als Skandal bezeichnet. Am Vortag des Weltkindertages am 20. September sagte Diakonie-Vorständin Sabine Lindau, "dass in einem der reichsten Länder der Welt jedes fünfte Kind in Armut lebt oder von Armut bedroht ist, darf die Politik nicht ruhen lassen". Die Kinderarmut in Deutschland ist laut Bundesarbeitsministerium auf den höchsten Stand seit Jahren gestiegen.

2021 lag die Armutsgefährdungsquote unter Kindern bei 20,8 Prozent, heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion, die dem Evangelischen Pressedienst epd vorliegt. Das sei der höchste Wert, der in Auswertungen des sogenannten Mikrozensus seit 2015 gemessen wurde. Damals lag die Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen noch bei 19,7 Prozent, im Jahr 2020 bereits bei 20,4 Prozent. Ergebnisse für das Jahr 2022 liegen noch nicht vor, hieß es. Zuerst hatte die "Augsburger Allgemeine" am Montag über die Daten berichtet.

Kinder gelten als armutsgefährdet, wenn sie in Haushalten leben, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung haben.

Bereits während Corona habe sich gezeigt, dass die Situation der Kinder und Jugendlichen in Deutschland von der Politik nicht ausreichend berücksichtigt wurde, sagte Lindau: "Nun sehen wir steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, und es steht zu befürchten, dass Kinder und Jugendliche wieder zu den Hauptleidtragenden gehören werden."

Lindau forderte daher weitere Maßnahmen für Geringverdienende, die Familien entlasten und eine raschere Einführung der geplanten Kindergrundsicherung. Die ersten Gelder im Jahr 2025 auszuzahlen, wie von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) angekündigt, das sei "zu spät".

Die jetzt beschlossene Erhöhung des Kindergeldes um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind sowie 12 Euro für das dritte Kind hält die Diakonie für nicht ausreichend.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch warnte angesichts der Entwicklung vor einer drohenden weiteren Verschärfung der Situation für Millionen Kinder in Deutschland. "Wir brauchen jetzt einen Schutzschirm für Familien in Deutschland", sagte er. Die Regierungskoalition müsse dem dritten Entlastungspaket "eine armutsfeste Kindergrundsicherung hinzufügen".