Geflüchtete aus der Ukraine können nach Ansicht des Arbeitsmarktforschers Herbert Brücker in Deutschland meistens nicht sofort in ihrem angestammten Beruf arbeiten.

"Viele werden nicht auf demselben Qualifikationsniveau arbeiten können, etwa aufgrund fehlender Sprachkenntnisse oder weil die Ausbildung anders ist", sagte der Migrationsexperte vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB) dem Sonntagsblatt. Daher sei zu erwarten, dass viele Geflüchtete zunächst in der Gastronomie, in Reinigungsberufen oder haushaltsnahen Dienstleistungen Arbeit fänden.

Qualifikationsniveau insgesamt hoch

Insgesamt sei das Qualifikationsniveau unter den Neuankömmlingen aber sehr hoch. "Wir gehen davon aus, dass ein sehr hoher Anteil der Geflüchteten, hauptsächlich sind es Frauen, eine akademische Ausbildung hat", sagte Brücker, der mittelfristig gute Jobaussichten für die Geflüchteten sieht.

So könnten Firmen Ukrainerinnen und Ukrainer mit deutschen Sprachkenntnissen einstellen, die wiederum Wissen und Fertigkeiten an ihre Landsleute ohne Sprachkenntnisse vermittelten. Der Bedarf an Sprachvermittlern steige, sagte Brücker.

"2015 gab es das auch schon, dass Geflüchtete mit guten Sprachkenntnissen dort integriert wurden."

Selbstständigkeit: Erst wenig, dann mehr

Der Arbeitsmarktforscher erwartet zudem, dass langfristig ein vergleichsweise hoher Anteil der Geflüchteten aus der Ukraine in selbstständigen Berufen arbeiten wird.

Üblicherweise seien in den ersten Jahren nach Ankunft nur ein bis drei Prozent der Migrantinnen und Migranten selbstständig. Nach zehn bis 15 Jahren steige der Anteil auf rund zehn Prozent:

"Unter Migrantinnen und Migranten, die länger hier sind, gibt es eine leicht höhere Selbstständigkeitsquote als in der deutschen Bevölkerung."

Das liege auch daran, dass viele Zugewanderte auf dieser Basis Waren oder Dienstleistungen für die eigene Community anböten.

Unternehmensgründung nicht einfach

Allerdings seien Unternehmensgründungen nicht einfach und geschähen nicht über Nacht. "Selbstständigkeit ist für viele nicht der erste Schritt in die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland - sondern wahrscheinlich erst der zweite", sagte Brücker.