Ukrainische Flüchtlinge werden bei den bayerischen Meldebehörden keiner Religionsgemeinschaft zugeordnet - auch wenn sie der orthodoxen Kirche angehören. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern, Georgios Vlantis, hält dies für "unglücklich", "sogar geschmacklos", sagte der orthodoxe Theologe im Gespräch mit dem Sonntagsblatt. Die Religionsgemeinschaften erhalten dadurch keine Information von den Neuankömmlingen.

Kirchen-Vielfalt wahrnehmen und würdigen

In Bayern gebe es eine große Vielfalt an christlichen, auch orthodoxen Kirchen, sowie an anderen Religionen, sagte Vlantis: "Es wäre angebracht, wenn dies auch bei den Meldeprozessen wahrgenommen und gewürdigt wird." In der ACK in Bayern sind 22 Kirchen vertreten. Dass alle im Meldebogen aufgelistet würden, erwartet der ACK-Geschäftsführer nicht. Aber wenigstens gehörte die Kategorie "andere Konfession / Religion" oder dergleichen dazu, sagte Vlantis.

Ukrainische orthodoxe Christinnen und Christen werden als "konfessionslos" oder mit "- -" registriert, weil sie sich weder als "evangelisch" noch "katholisch" verstehen, wie es der Meldebogen alternativ vorgibt. Eine automatische Meldung an die örtliche Religionsgesellschaft erfolgt laut Innenministerium nicht, weil die ukrainische Orthodoxie noch nicht den Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Bayern besitze.

Zurzeit haben 21 Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Bayern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, darunter neben den großen christlichen Kirchen auch die Zeugen Jehovas oder der Bund für Geistesfreiheit.

Orthodoxe Kirche darf keine Auslandsgemeinden gründen

ACK-Chef Vlantis geht davon aus, dass in absehbarer Zukunft die "Orthodoxe Kirche der Ukraine" den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes in Bayern nicht erhält, weil sie gemäß ihrer Gründungsurkunde keine Gemeinden im Ausland gründen dürfe. Für die Gläubigen im Ausland kommen ihm zufolge kirchenrechtlich an erster Stelle ukrainische Gemeinden des Ökumenischen Patriarchats in Frage, das in Deutschland durch die hiesige Griechisch-Orthodoxe Metropolie unmittelbar vertreten werde, die selber Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.

Auf jeden Fall sei es wichtig, dass die staatlichen Stellen "Empfindlichkeit und Sensibilität für die Vielfalt der Kirchen und Religionen" zeigen, sagte Vlantis, und dass dies auch bei Meldeprozessen sichtbar werde.

"Es ist ein schönes Willkommenszeichen, vor allem Flüchtlingen gegenüber, die mit einem konfessionellen beziehungsweise religiösen Hintergrund nach Deutschland kommen."

Religiosität sei ein Teil der Persönlichkeit eines Menschen, insbesondere in Osteuropa, erläuterte Vlantis. Gerade wenn sich jemand in einer traumatischen Situation befinde, sei es angebracht, dass dies entsprechend gewürdigt werde, auch wenn dies derzeit vielleicht das kleinste Problem dieser Menschen sei.