Erich Schneeberger, Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma in Bayern, setzt große Hoffnungen in die neue Melde- und Informationsstelle Antiziganismus (MIA) in Bayern. Sie wurde diesen Freitag (21. Juli) in Nürnberg eröffnet.

Zunächst habe sie einen Mitarbeiter, eine weitere Personalstelle habe das Bundesfamilienministerium für 2023 und 2024 zugesagt, sagte Schneeberger dem Sonntagsblatt am Donnerstag. Mit der Arbeit der Monitoring-Stelle könne nachgewiesen werden, wie stark die nationale Minderheit der Sinti und Roma auch in Bayern beleidigt und diskriminiert werde. Auf der Grundlage der durch MIA erfassten Vorfälle könnten schließlich effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Antiziganismus umgesetzt und ausgebaut werden.

Für Anziziganismus fehlt Bewusstsein bisher "fast vollständig"

"Wenn vor einem jüdischen Mitbürger auf der Straße ausgespuckt wird, wird das registriert, wenn aber in Berlin ein Roma halbtot geschlagen wird, dokumentiert das niemand", sagte Schneeberger. Es sei richtig, dass sich die Juden in Deutschland gegen Antisemitismus wehrten. Für die Diskriminierung der Sinti und Roma fehlten allerdings bislang "Bewusstsein und Wahrnehmung fast vollständig".

In offiziellen Polizeiberichten "findet Antiziganismus flächendeckend keine Erwähnung". Sinti seien deshalb bisher skeptisch, wenn sie es mit den staatlichen Organen zu tun hätten, und zeigten selten Angriffe gegen sich an.

Ziel der neuen Melde- und Informationsstelle ist auch die Aufklärungsarbeit über Antiziganismus in der Gesellschaft. Mit Schulungen unter anderem bei der Bundespolizei, der Kriminalpolizei oder in der Justiz wolle man für einen sensiblen Umgang werben, erläuterte der Verbandsvorsitzende.

Die Mitarbeitenden der MIA werden unter anderem auch mit der neuen Arbeitsstelle gegen Antiziganismus in der evangelischen Bildungsstätte in Bad Alexandersbad zusammenarbeiten, sagte Schneeberger: "Wir haben einen Kooperationsvertrag ins Auge gefasst." Gerade in der Erinnerungsarbeit werde man zusammenwirken.

Sinti und Roma einzige nationale Minderheit

Sinti und Roma seien die einzige nationale Minderheit in Deutschland, sagte Schneeberger. Ihre Zahl werde in Bayern auf 12.000 geschätzt. Eine Zählung des Personenkreises lehnten die meisten bisher ab, weil sie von den Nationalsozialisten gezählt, ausgeforscht und verfolgt wurden.

Dossier Sinti & Roma

Sinti und Roma sind in Deutschland eine nationale Minderheit. Der Begriff "Roma" wurde auf dem ersten Weltkongress der Roma-Nationalbewegung gewählt. Sinti werden als Untergruppe der Roma gesehen und meinen Nachfahren von Gruppen, die seit dem 15. Jahrhundert eingewandert sind. Unsere Themenseite Sinti und Roma informiert über aktuelle Bewegungen, Projekte und Aktionen.

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