Zwischen Januar 2020 und August 2022 sind in Bayern deutlich mehr Menschen als sonst gestorben. Wie das Bayerische Landesamt für Statistik am Donnerstag bekanntgab, betrug die sogenannte Übersterblichkeit im ersten Corona-Jahr, als es noch keinen Impfstoff gab, im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 2016 bis 2019 knapp sieben Prozent. 2021 schnellte die Übersterblichkeit trotz Impfstoff auf zehn Prozent hoch. Auch 2022 liegt sie etwa um zehn Prozent über dem Median.
Sehr hohe Sterblichkeit über 65
Der Altersgruppe ab 65 Jahren bescherte das Jahresende 2020 eine Phase mit sehr hoher Sterblichkeit: Sie lag im Dezember um 38 Prozent über dem mittleren Wert der vier Vorjahre. Ähnliches geschah im November 2021. Damals starben fast 35 Prozent mehr Personen ab 65 Jahren. Insgesamt starb Ende 2020 jeder fünfte Tote in Bayern an Covid-19, Ende 2021 war es jeder Zehnte.
Die hohen Sterbefallzahlen sind laut Karin Tesching, Leiterin des Kompetenzzentrums Demographie, zu einem Drittel auf das Bevölkerungswachstum und die Alterung zurückzuführen. Allerdings können Demografie und Covid-19 nicht die gesamte Übersterblichkeit erklären. Zumal laut den Statistikern zu berücksichtigen ist, dass es in den vergangenen zweieinhalb Jahren allenfalls kurze und milde Grippewellen und dadurch weniger Grippetote und zudem weniger Unfalltote gab.
Noch keine harten Fakten
So lag die Sterbefallanzahl im November und Dezember 2021 um jeweils etwa 3.500 Sterbefälle über dem Median der Vorjahre.
"Aus der Todesursachenstatistik liegen uns für diesen Zeitraum in etwa 2.000 Sterbefälle durch Covid-19 pro Monat vor",
sagte Tesching. Aus welchen Gründen sonst so viele Menschen sterben, kann noch nicht anhand harter Fakten beantwortet werden.
Die Forschungsliteratur spricht laut Tesching von indirekten Covid-19-Opfern durch das überlastete Gesundheitssystem - etwa weil Vorsorgeuntersuchungen unterblieben oder Kliniken trotz Erkrankung gemieden wurden. Auszuschließen sei auch nicht, dass in Hochphasen der Pandemie Corona-Tote im Totenschein nicht als solche dokumentiert wurden.
Einfluss der Impfungen nicht abschätzbar
Warum die Übersterblichkeit nach Einführung der Corona-Schutzimpfung und trotz harmloserer Virusvarianten nicht sank, sondern im Gegenteil stieg, könne das Statistische Landesamt nicht sagen, erläuterte Tesching:
"Der Einfluss der Impfungen auf die Sterbefallzahlen lässt sich auf Basis unserer Daten nicht abschätzen."
Bayerns Statistiker suchen dem Sterbegeschehen seit 2020 durch neue Auswertungsmöglichkeiten auf den Grund zu kommen. Bisher wurden neben der Todesursache nur das Geschlecht und das Alter ausgewiesen. Seit 2020 können daneben Aussagen zu Begleiterkrankungen getroffen werden.
Demnach gehörten Hochdruckkrankheiten sowie Niereninsuffizienz laut Andrea Buschner, Expertin im Bereich der Todesursachenstatistik, mit jeweils 17 Prozent bisher zu den häufigsten Begleit- und Vorerkrankungen bei Personen, die an Covid-19 starben. In 16 Prozent der Fälle lag eine Demenz vor.
Das höchste Risiko, an Covid-19 zu sterben, haben hochbetagte Bürger*innen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. An Covid-19 verstorbene Männer waren im Schnitt 79, Frauen 84 Jahre alt.