"Wir setzen uns für eine tolerante Stadtgesellschaft ein und haben dementsprechend aus Solidarität mit den Diffamierten ein Zeichen für ein vielfältiges München gesetzt", sagte Micky Wenngatz, SPD-Stadträtin und Vorsitzende des Vereins "München ist bunt!", wenige Stunden nachdem sich vor einer Münchner Stadtbibliothek Hunderte Demonstrierende versammelt hatten, dem Sonntagsblatt.

Solidaritätsdemo während Drag-Lesung in München

Der Verein, der sich für Toleranz und gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt, hatte vier Tage vor der angekündigten Drag-Lesung für Kinder begonnen, eine Solidaritätsdemo zu organisieren.

Um die Veranstaltung war in den Wochen zuvor ein hitziger Streit entflammt, ein katholischer Priester hatte sogar Anzeige gegen die AfD erstattet - Sonntagsblatt.de berichtete.

Am Dienstagnachmittag schließlich fand die Lesung mit Drag Queen Vicky Voyage und Drag Kind Eric BigClit in Bogenhausen statt, die 75 angemeldeten Besucher*innen mussten laut BR über den Hintereingang hineingeführt werden, die Polizei war mit rund 200 Kräften vor Ort. 

Kurzfristige Absage von Autorin

Kurz vor Beginn der Veranstaltung war außerdem bekannt geworden, dass die Jungautorin Julana Gleisenberg ihre Teilnahme an der Veranstaltung aufgrund der Anfeindungen absagen musste. Sie hatte eigentlich aus ihrem Buch vorlesen wollen, in dem sie ihre Transidentität thematisiert.

"Das machte uns extrem traurig, war uns aber auch ein Ansporn, ein umso deutlicheres Zeichen für die Solidarität mit der Lesung, aber insbesondere queeren Menschen im Allgemeinen zu setzen", beschrieb Wenngatz ihre anschließenden Erwartungen im Hinblick auf die Solidaritätsdemo. 

Hunderte demonstrierten vor Ort

Vor Ort fand sie diese mehr als erfüllt: "Es war toll zu sehen, wie groß die Solidarität der Münchner Stadtgesellschaft mit den Menschen war, die die Lesung organisiert und abgehalten haben. Auf unserer Solidaritätsdemo für die Drag-Lesung waren über 800 Teilnehmer*innen - während auf der Demo von AfD und der reichsbürgernahen Demo nur wenige Teilnehmer*innen erschienen."

Die Stimmung sei sehr gut gewesen, das Feedback positiv.

"München zeigte gestern Nachmittag also wieder einmal, dass es wirklich bunt ist", so die Vereinsvorsitzende.

Laut Bericht der Polizei waren im Zuge der Lesung fünf Veranstaltungen angemeldet worden, die größte sei am Ende die Solidaritätsdemo von "München ist bunt!" mit etwa 500 Teilnehmer*innen gewesen.

Daneben habe es noch eine Versammlung der AfD und einer Person aus der Querdenker-Szene gegeben, an denen jeweils 100 Menschen teilnahmen, außerdem zwei weitere mit insgesamt knapp 30 Personen.

Bericht der Münchner Polizei

Im Rahmen der Demonstrationen sei es "erwartungsgemäß zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen den thematisch konträren Teilnehmern" gekommen, Auseinandersetzungen darüber hinaus oder größere Störaktionen konnte die Polizei jedoch laut eigener Aussage frühzeitig unterbinden.

Wenngatz bewertete die Aktion im Nachhinein als "sehr erfolgreich":

"Die Stimmung auf unserer Solidaritätsdemo war trotz der Hetzkampagne Rechter im Vorfeld der Lesung sehr gut und wir als Stadtgesellschaft haben ein deutliches und wichtiges Zeichen für eine offene und tolerante Gesellschaft gesetzt."

Eine Situation ist der SPD-Stadträtin dabei besonders im Gedächtnis geblieben: "Für mich war es ein wirklicher Gänsehautmoment, als immer wieder ein Chor von 800 Menschen der wenige Meter entfernt stehenden AfD entgegenrief: 'Eure Kinder werden so wie wir!'"

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