Am 8. Oktober wählen die Wahlberechtigten in Bayern einen neuen Landtag – und eine neue Regierung? Letzteres scheint unwahrscheinlich, denn laut Umfragen können die Regierungsparteien CSU und Freie Wähler gemeinsam weiterregieren. Und Grüne, SPD, FDP oder gar Linke sind wohl zu schwach, um Ministerpräsident Markus Söder das Amt streitig zu machen. 

Doch wie halten es die Parteien – frei nach Goethes berühmter Gretchenfrage – mit der Religion? Wie positionieren sie sich zu Themen wie GlaubeSchöpfungchristliche Kirchen oder Feiertage? Wir haben bei den im Landtag vertretenen Parteien nachgeschaut. Im fünften Teil unseres Religions-Checks zur bayerischen Landtagswahl geht es um das Programm der Freien Demokratischen Partei (FDP).

Staat und Kirche trennen

Wer gedacht hatte, die FDP würde es der anderen Partei gleichtun, die ebenfalls das "frei" im Namen führt und sich in ihrem Programm kaum zu religiösen und kirchlichen Themen äußert, sieht sich getäuscht.

Die FDP äußert sich ausführlich zu beiden Aspekten, insbesondere zu den Kirchen. Auf Seite 80 plädiert sie für eine konsequente Trennung von Staat und Kirche:

"Unser Ziel ist es, die im Grundgesetz verankerte Bekenntnis- und Glaubensfreiheit in einem weltanschaulich neutralen Staat ohne Bevorteilung einzelner Religionsgemeinschaften zu verwirklichen."

So weit, so klassisch liberal. 

Den Kirchen das Geld streichen

Darüber hinaus erklärt die Partei aber auch, die Bevorzugung der katholischen und evangelischen Kirche - auch in finanzieller Hinsicht - beenden zu wollen. Sie will die Staatskirchenverträge kündigen, die Staatskirchenleistungen ablösen und die Bevorzugung kirchlicher Einrichtungen bei der staatlichen Förderung beenden.

Doch damit nicht genug: "Aus unserer Sicht muss auch der Körperschaftsstatus von Religionsgemeinschaften vor dem Hintergrund der Gleichberechtigung grundlegend auf den Prüfstand gestellt werden." Kirchenein- und -austritte sollten gebührenfrei sein. Auch an die Sonderstellung der Kirchen im Arbeits- und Medienrecht will die FDP ran.

Und wenn sie schon dabei ist, will sie auch "religiös einseitige Formulierungen" in Gesetzen und Verfassung streichen, die Feiertagsregelung liberalisieren und religiöse Symbole in staatlichen Einrichtungen reduzieren:

"Den Kreuzerlass für bayerische Behörden wollen wir aufheben."

Schließlich will man die Aufklärung der Missbrauchsskandale nicht allein den Kirchen überlassen, betont zudem, dass es bei der Strafverfolgung "keine falsche Rücksichtnahme" geben dürfe. War's das? Nein, auch das Tanzverbot an Karfreitag und anderen stillen Feiertagen soll fallen. Die FDP kennt wirklich kein Pardon.

Dem Religionsunterricht geht es auch an den Kragen

Ebenso schonungslos gehen die Freidemokraten mit dem Religionsunterricht ins Gericht. Das bisherige Modell habe in Bayern ausgedient, heißt es auf Seite 22. Statt getrenntem Religions- und Ethikunterricht soll es einen gemeinsamen "Dialogunterricht zu Religions- und Weltanschauungsfragen" geben.

Bekenntnisfreie, öffentliche Schulen sollen "die Regel" werden. Schließlich verlangt man auch eine Reform der Ausbildung von Lehrpersonal "unabhängig von der direkten Einflussnahme der Kirchen".

Jüdisches Leben braucht Schutz

Steht im Programm der FDP auch etwas Positives über Religion? Wenig, aber immerhin. So spricht sich die Partei - wie fast alle Parteien außer den Freien Wählern - auf Seite 82 explizit für den "Schutz jüdischen Lebens" aus.

"Neben einer konsequenten Bekämpfung antisemitisch motivierter Straftaten möchten wir einen besonderen Fokus auf die Sichtbarkeit und die Aufklärung über das lebendige jüdische Leben in Bayern legen."

Andere Religionen werden kaum erwähnt. Der Islam taucht nur in einem problematischen Zusammenhang auf, nämlich auf Seite 82 als "islamistischer Extremismus". Buddhismus und Hinduismus kommen überhaupt nicht vor.

Fazit

Die FDP meint es ernst: Sie will den Handlungsspielraum der Kirchen konsequent einschränken, Sonderrechte und Privilegien abschaffen und deutlich weniger Geld an kirchliche Einrichtungen zahlen. Kein Wort von Kirchen als zivilgesellschaftlichen Akteuren oder Religion als gemeinschaftsstiftendem Faktor. 

Die Partei zeigt keinerlei Interesse an Glauben oder Spiritualität. Einzig das Judentum bzw. jüdisches Leben wird positiv erwähnt, wie bei vielen anderen Parteien vor allem im Sinne der Erinnerungskultur. 

Bei aller Kritik an den Kirchen und dem offensichtlichen Desinteresse an Religion hat die FDP aber ein wirklich schönes Glaubensbekenntnis: "Nicht alles glauben, was im Internet steht", lautet eine Überschrift auf Seite 22.

Landtagswahl in Bayern 2023: Was die bayerischen Parteien zu Glaube und Kirchen sagen

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