Glaubst du? Ja, klar! Was für eine Frage! Tun wir doch alle!
Oder?
Wenn ich den Fuß auf die Fahrbahn setze, glaube ich daran, dass ich auf der anderen Seite heil ankomme. Wenn eines unserer Kinder von Selbstzweifeln geplagt wird, bekommt es von mir einen "Ich glaub an dich"-Knuddler.
Ich übersetze "Glauben" nicht mit "Nicht wissen", sondern mit "auf etwas vertrauen". Ganz biblisch: "Der Glaube ist der tragende Grund für das, was man hofft: Im Vertrauen zeigt sich jetzt schon, was man noch nicht sieht." (Hebräer 11,1, Hfa)
Was wäre das eine trostlose Welt ohne Glauben!
Natürlich glaubt deshalb längst nicht jeder an Jesus Christus. Aber manchmal vermute ich, dass wir es Gott unnötig schwer machen, uns zu berühren, weil wir denken, dass Glaube das Gegenteil von Wissen ist – und wir unweigerlich als ein wenig wattig im Kopf gelten, wenn wir zugeben, dass wir glauben.
Für mich war diese Erkenntnis ein wunderbarer Tür-Öffner. Achtung, kurzes Pathos: ein Tür-Öffner in ein neues Leben!
35 Jahre hat es bei mir gedauert, bis ich begriffen habe, dass ich mitten im Leben stehen kann, dass ich kritisch nachfragen darf, dass ich wissenschaftliche Erkenntnisse feiern und bewundern kann – und gleichzeitig ein glühender, wissbegieriger, frommer, gläubiger Mensch und Anhänger von Jesus Christus sein kann.
Ein Entweder-Oder ist Humbug.
Auf meiner Entdeckungsreise in den Glauben lernte ich fromme Physiker kennen (Huch, die gibt’s?!), las, dass bis heute niemand weiß, was (oder wer…) den Urknall ausgelöst hat. Wühlte mich tiefer ein, bis ich verblüfft feststellte, dass selbst nicht-christliche Historiker die Existenz von Jesus für ziemlich gut belegt halten.
Ich war absolut fasziniert davon, dass es mir als Vollblut-Journalist nicht gelang, Gott ins Land der Phantasie zu recherchieren.
Journalist und Christ?
Warum erzähle ich das alles? Weil ich gebeten wurde, etwas Gehaltvolles über meine liebsten Bibel-Verse zu schreiben. Aber der schönste Vers bringt nichts, wenn das Herz nicht offen für den Glauben ist, und wenn der Verstand bockig murmelt: "Alles nur altes Zeug, was du da liest."
Ich habe den christlichen Glauben nicht kennengelernt als eine starre Institution mit leeren Kirchenbänken und strikten Regeln. Sondern als ein lautes JA zum Leben. Als mir eine Freundin mit leuchtenden Augen von der Bibel erzählte, sprach sie nicht von einem dicken Schinken, den man sich erarbeiten muss, sondern von einer Schatzsuche, in der dich Verse wie Juwelen anglitzern.
Und die Gebete, die ich kennenlernte, waren keine heruntergeleierten Phrasen, sondern ehrlichen Anliegen, aufrichtiger Dank, ein Eintreten für andere.
Glaube kann spürbar und erlebbar sein. In dieser Herzenshaltung wird die Bibel tatsächlich zu einem Erlebnis.
Erkenntnisse aus der Bibel
Mit dem Neuen Testament solle ich anfangen, wurde mir geraten. Eine moderne Übersetzung würde es leichter machen (bei mir war es die Neue Genfer). Und tatsächlich: Da waren die Edelsteine:
"Setzt euch zuerst für Gottes Reich ein und dafür, dass sein Wille geschieht. Dann wird er euch mit allem anderen versorgen." (Mt 6,33, Hfa).
"Denn der Geist, den Gott uns gegeben hat, macht uns nicht zaghaft, sondern er erfüllt uns mit Kraft, Liebe und Besonnenheit." (2. Timotheus 1,7, Hfa)
"Dagegen bringt der Geist Gottes in unserem Leben nur Gutes hervor: Liebe, Freude und Frieden; Geduld, Freundlichkeit und Güte; Treue" (Galater 5,22, Hfa).
Taizé-Gründer Frère Roger wird das Zitat zugeschrieben: "Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es". Mit diesem Rat kann ich eine Menge anfangen.
Zehn Jahre später
Heute, fast zehn Jahre nach meiner Taufe, habe ich noch immer nicht alles verstanden. Weder in der Bibel, noch in Gottes Wirken. Aber das bisschen, was ich verstanden habe, gibt mir genug zu tun, bis ich 100 Jahre alt bin (allein der Aufruf zur Geduld fordert mich täglich heraus).
Ich habe gelernt, dass Glaube nichts Exotisches ist. Nicht weltfremd. Nicht rückwärtsgewandt – sondern ein lebendiges Abenteuer. Ein aufregender Weg. Und wer das nicht glaubt, sollte es mal wagen, den ersten Schritt zu tun. Nur so. Als Test. Einfach mal beten, Bibel lesen, mit Christen sprechen. Gott macht es uns nicht schwer, ihn zu finden.
Wir glauben alle an irgendetwas. An jemanden zu glauben, ist einen Versuch wert – und kann ein echter Neustart sein.
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