Unverzagt und ohne Sorgen
Leg ich diesen Tag in Deine Hand,
sei Du mein Heute, sei mein gläubig Morgen,
sei mein Gestern, das ich überwand.
Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen,
bin ich in Deinem Mosaik ein Stein,
wirst mich an die rechte Stelle legen,
Deinen Händen bette ich mich ein.
Dieses Gedicht von Edith Stein hat mir meine Mama zum 21. Geburtstag aufgeschrieben und mit den Worten "ich hoffe, dass der Gedanke von Gott als schützende Hand dir in schwierigen Situationen Halt geben kann" übergeben. Ich war zuerst überrascht, weil ich mich nie besonders gläubig gefühlt habe und auch mit meinen Eltern so gut wie nie über Glaube und Kirche rede.
Trotzdem fand ich den Gedanken schön und habe gemerkt, wie ich mich über das Gedicht auch wieder mehr mit meinem eigenen Glauben auseinandergesetzt habe.
Glaube vs. Kirche?
Ich habe mit dem Thema Glaube und Kirche viele Jahre lang gehadert, habe es schon oft als abgeschlossen erklärt und bin im Grunde irgendwie immer noch auf der Suche. Dabei war meine Kindheit sehr stark vom christlichen Glauben geprägt, von katholischer Grundschule bis hin zu Kirchenchor, Pfadfindern und natürlich dem Sonntagsgottesdienst.
Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass dieser meist ritualisierte Glaube mit meinem Leben und meinen Interessen eigentlich so gut wie gar nichts zu tun hatte. Die Ferne zur Realität ist mir besonders deutlich im Umgang mit den Missbrauchsfällen aufgefallen. Bei keiner der kirchlichen Institutionen um mich herum hat auch nur ansatzweise eine wahrnehmbare Debatte stattgefunden.
Natürlich ist das nur eine Einzelerfahrung, aber von all meinen Freunden und Schulkameraden, von denen die allermeisten in einem ähnlich christlichen Umfeld wie ich aufgewachsen sind, haben sich mittlerweile fast alle von der Kirche und vom christlichen Glauben abgewandt.
Durch Zufall bin ich nach der Schulzeit und während meines freiwilligen sozialen Jahres an eine christliche Organisation geraten, die in mir ein erneutes Auseinandersetzen mit der Frage "was ist Glaube?" losgelöst hat.
Der Freiwilligendienst über Mission EineWelt (MEW) entsendet junge Menschen in Länder des globalen Südens, und vor allem in der Vorbereitungszeit auf unser Auslandsjahr haben wir Freiwilligen untereinander über Fragen der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit, gesellschaftlichen Zusammenhalt und globale Ungerechtigkeiten diskutiert.
Glaube über Ländergrenzen hinweg
Bei diesen Gesprächen hat sich für mich gewissermaßen eine neue Welt eröffnet, in der das gemeinsame Miteinander auch über Ländergrenzen hinweg an erster Stelle steht und in der sich jeder Mensch, egal welcher Herkunft, dazugehörig fühlen kann.
Ich habe erkannt, wie gelebter christlicher Glaube aussehen kann und welchen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag dieser Glaube und letztendlich auch die dahinterstehenden kirchlichen Institutionen leisten.
Denn Kirche besteht nicht nur aus Gottesdiensten und Ritualen, sondern auch aus sozialen Einrichtungen, Bildungs- und Begegnungsstätten und vor allem aus vielen Personen, die ein christliches Menschenbild umsetzen, nach dem wir auf unsere Mitmenschen achten, jeden so akzeptieren wie er ist und uns für ein gutes Miteinander einsetzen.
Auch das christliche Gottesbild, das Edith Stein in ihrem Gedicht beschreibt, von einem Gott, der immer da ist und uns dadurch in schwierigen Situationen stützt und entlastet, ist besonders in der heutigen so krisenbehafteten Zeit voll von Ungewissheiten meiner Meinung nach genau der Halt, nach dem viele Menschen suchen.
Bedeutung von Gemeinschaft
Ich habe für mich gemerkt, dass Glaube nicht nur im Privaten entsteht, sondern dadurch, wie wir miteinander umgehen und Glauben leben. Ich kann und möchte die Schwierigkeiten, mit denen sich die Kirchen in Deutschland auseinandersetzen müssen, nicht wegdiskutieren, aber die Kernbotschaft des christlichen Glaubens, nämlich von einem personalen Gott uneingeschränkt angenommen zu werden, ist für mich erst im kirchlichen Kontext und in den vielen Begegnungen bei MEW sichtbar geworden.
Sich in einer christlichen Gemeinschaft zu engagieren, ist für mich deshalb eine Chance nicht nur im Miteinander Erfüllung zu finden, sondern auch inneren Frieden, Geborgenheit und Kraft.
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