In der Passionszeit zwischen Aschermittwoch (14. Februar) und Ostern (31. März) fasten auch heute noch viele Menschen. Dabei geht es nicht mehr allein darum, auf Essen oder Genussmittel wie Kaffee oder Alkohol zu verzichten. Bei Aktionen wie dem Klimafasten richten Menschen den Blick auf einen Lebensstil, der von Überfluss geprägt ist, und darauf, wie sie besser mit Ressourcen umgehen können. Schon vor vielen Jahrhunderten hatte das Fasten in der Christenheit etwas damit zu tun, aufmerksamer zu werden, sich auf sich selbst und Gott zu besinnen.

Ursprünge des Fastens im Christentum

In der Alten Kirche knüpften Christen beim 40-tägigen Fasten an Jesus selbst als Vorbild an, wie der Kirchenhistoriker Andreas Müller von der Universität Kiel erläutert. Jesus habe sich vor seinem öffentlichen Auftreten 40 Tage lang fastend in die Wüste zurückgezogen. Das Fasten vor Ostern sei erstmals durch das ökumenische Konzil von Nicäa 325 nach Christus festgelegt worden. Dabei ging es laut Müller um eine Vorbereitung auf das Fest. Die Menschen verzichteten nicht komplett aufs Essen, bestimmte Nahrungsmittel wie Fleisch oder in manchen Regionen auch Fisch waren aber verboten.

Insbesondere Mönche bauten das Fasten weiter aus. Sie sahen darin eine körperliche Vorbereitung auf die Begegnung mit Gott, wie Müller erklärt. Das Fasten sollte dabei der Steigerung von Wachsamkeit und Konzentration dienen. Die Reformatoren hätten strikt mit der Praxis des Fastens gebrochen, weil sie in ihr ein menschliches Werk gesehen hätten, mit dem man Gott näherkommen wolle. "Nicht als ein solches gutes Werk verstanden, aber zur Besinnung auf sich selbst und auf Gott kann Fasten auch für evangelische Christen in aller Freiheit sinnvoll sein", sagt Müller.

Verzicht auf Essen

Viele Menschen schränken sich heutzutage in der Fastenzeit bewusst ein, vorwiegend mit Blick auf den Genuss etwa von Alkohol oder auch Süßigkeiten. Wenn es um die Ernährung geht, zählt bis heute das Fasten nach Otto Buchinger (1878-1966) zu den Klassikern.

Dabei sei schon die Vorbereitung mit zwei bis drei Entlastungstagen sehr wichtig, sagt die Fastenleiterin Uta-Maria Döhn aus Luckau in Niedersachsen. Auf Genussmittel und Schwerverdauliches sollte dabei verzichtet werden. Sie rät dazu, sich auch mental vorzubereiten. "Zum Beispiel in dem ich den Kühlschrank leerräume." Das eigentliche Fasten beginne damit, dass mit Glaubersalz abgeführt und der Körper geleert werde. Zwischen fünf und zehn Tage verzichteten die Fastenden dann in der Regel auf feste Nahrung. "Auch Bewegung und Entspannung sind wichtig", sagt die Fastenleiterin. Das Fasten aktiviere Selbstheilungskräfte des Körpers, ist sie überzeugt.

"Außerdem hilft es, die Ernährungsgewohnheiten zu überdenken."

Der Hildesheimer Ernährungsmediziner Stefan Köppen hält das Fasten allerdings nur in Ausnahmefällen für geeignet, um schlanker zu werden oder dem Körper etwas Gutes zu tun. Mit Blick auf das Gewicht trete oft ein Jo-Jo-Effekt ein und abgenommene Pfunde seien schnell wieder drauf, sagt der Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Onkologie, Diabetologie, Palliativ- und Ernährungsmedizin am Helios Klinikum. "Mit Fasten allein wird nicht alles gut. Manchmal hat es sogar eine Alibifunktion, um den ansonsten ungesunden Lebensstil zu überdecken."

Heilfasten, bei dem einige Tage lang weitgehend auf feste Nahrung verzichtet wird, werde gleichwohl auch in der Medizin angewendet, erläuterte der Ernährungsmediziner. Es zähle zu den Naturheilverfahren, die ergänzend zu Therapien eingesetzt würden, etwa um bei chronischen Erkrankungen Symptome zu lindern. Grundsätzlich empfiehlt es sich Köppen zufolge, vor dem Fasten ärztlichen Rat einzuholen. So müssten zum Beispiel Blutdruck- oder Diabetesmedikamente abgestimmt werden.

Fasten als Bewusstseinsübung

Die kirchliche Aktion "Klimafasten" ruft dazu auf, den Klimaschutz ins Zentrum der Fastenzeit zu setzen. Wer bei der Aktion mitmacht, der sich bundesweit 24 evangelische und katholische Kirchen und Initiativen angeschlossen haben, bekommt konkrete Vorschläge dazu, wie sich das eigene Handeln verändern kann. In Kirchengemeinden werden beispielsweise Tausch-Tage und Treffen zum Thema Reparieren organisiert, um die Aufmerksamkeit auf Konsum und klimaschädlichen Ressourcenverbrauch zu lenken.

Seit vielen Jahren lädt die Aktion "7 Wochen Ohne" der evangelischen Kirche dazu ein, in der Fastenzeit Dinge einmal neu zu bedenken. In diesem Jahr gibt ein Fastenkalender unter der Überschrift "Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge" Denkanstöße. "Neue Gedanken wagen, der anderen Meinung ohne Furcht begegnen - das macht reich", sagt der Botschafter der Aktion, der hannoversche Landesbischof Ralf Meister.

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