2020: Ein Ostern wie noch nie

Ostern 2020 war anders als jedes andere Ostern, das ich bisher erlebt hatte. Das fing schon in der Passionszeit an: Anfang März hatte in meiner damaligen Gemeinde ein Übungsweg begonnen, bei dem wir einmal in der Woche zusammenkamen, gemeinsam aßen und über Glaubensfragen sprachen.

Die ersten beiden Treffen fanden noch statt, doch schon das dritte wurde abgesagt. Kurz darauf waren Klopapier und Nudeln plötzlich überall ausverkauft, am Kaufland hing ein Schild: "Auch wenn Sie anderslautende Gerüchte gehört haben: Wir schließen nicht!"

Am Ostersonntag, einige Wochen Corona später, waren meine Frau und ich am Kalksee im Berliner Umland spazieren. Wer sich auf eine Parkbank setzen wollte, wurde von Brandenburger Ordnungsamt-Mitarbeitenden höflich, aber bestimmt aufgefordert, weiterzugehen: Das Verweilverbot galt.

Immerhin: So intensiv hatte ich die aufblühende Natur lange nicht mehr wahrgenommen - es gab schlicht keine Konkurrenz für die Aufmerksamkeit ...

(Oliver Marquart)

 

Ostern 2020: Erstaunlich schönes Fest

Wenn ich an Ostern 2020 denke, habe ich vor allem einen geöffneten Laptop mit verschiedenen Gesichtern in kleinen Zoom-Kacheln vor Augen. Das Coronavirus war erst vor wenigen Wochen nach Deutschland gelangt, die Bedrohung kaum einzuschätzen, die Angst davor, sich oder andere anzustecken, sehr groß.

Das seltsame Bewusstsein, gerade ein Jahrhundertereignis mitzuerleben, schwebte über allem und ich erinnere mich sowohl an das Gefühl von ernster Sorge als auch an aufgeregte Anspannung. Was würde noch passieren, wie lange würde sich die Pandemie ziehen, wären wir wirklich ernsthaft bedroht?

Inmitten all dieser Unsicherheiten verlief das Oster-Fest erstaunlich schön. Ich weiß noch, dass mein Mann und ich auf dem Esstisch hartgekochte Eier bemalten - "gemeinsam" mit der Familie, die über den bereits erwähnten Laptop präsent war und bei sich zu Hause das Gleiche tat. Ich weiß noch, dass wir früh am Ostermorgen wieder per Laptop noch im Bett liegend einen Ostergottesdienst verfolgten und dass ich unglaublich dankbar war für unseren Garten, dem dank all der Blüten und frischgrünen Blätter nicht anzusehen war, dass in diesem Frühling 2020 irgendetwas anders war als sonst.

(Larissa Launhardt)

 

Traurige Ostern

Als die Pandemie begann, war ich gerade im zweiten Monat schwanger. Die große Unsicherheit darüber, welche Auswirkungen eine Infektion auf mein ungeborenes Kind haben könnte, begleitete mich von da an bis zur Geburt. Mit dieser großen Verantwortung im Bauch war ich einfach nur dankbar für jede Maßnahme, die gegen die Ausbreitung des Virus getroffen wurde.

Den Frühling habe ich als schön in Erinnerung – zumindest den Alltag in meiner kleinen Welt. Die Arbeit im Homeoffice kam mir entgegen, die Sonne schien und ich war so viel im angrenzenden Wald spazieren wie nie zuvor. Das waren die guten, die regenerierenden Momente, die sich mit Sorgen und Betroffenheit, mit Fassungslosigkeit und Ängsten vor der Zukunft abwechselten.

Ostern war sehr traurig. Zwei enge Angehörige waren gestorben. Nicht an Corona, aber Corona und der Lockdown hatten jegliches Abschiednehmen unmöglich gemacht. Keine letzte Umarmung, kein Hände halten. Kein Trostspendenkönnen unter den Zurückgebliebenen. Videoanrufe, die Nähe suggerieren sollten und bei denen keiner etwas zu sagen wusste. Weil in solchen Situationen nur echte Nähe sprechen kann.

2023 sind unsere Sorgen, unsere Betroffenheit, Fassungslosigkeit und Zukunftsängste andere als 2020, aber es gibt sie immer noch. Darum freue ich mich über kleine Momente der Leichtigkeit wie eine Osternestsuche im Garten mit allen Nachbarskindern. Denn was die richtig gut können ist, im Hier und Jetzt zu leben.

(Christina Argilli)

 

Ostern: Alles andere als gewohnt

Als die Pandemie begann, war ich gerade in der zehnten Klasse und hatte das Vergnügen, die nächsten Monate nur über Chatfenster und die Kamera mit Lehrer*innen zu kommunizieren. Dementsprechend musste ich zur Osterzeit unfreiwillig mehr Zeit am Computer verbringen als sonst. Und Zeit gab es genug. Mehr als genug. Deswegen verbrachte man sie in der Familie mit ausgedehnten Spaziergängen und in ständiger Angst, zu vielen anderen Menschen zu begegnen.

Dabei waren wir stets darauf bedacht, den notwendigen Abstand von zwei Metern (am besten waren jedoch vier, man musste ja auf Nummer sicher gehen) einzuhalten. Trotz bester Wetterlage waren jedoch erstaunlich wenig Menschen unterwegs. Und selbst, wenn einem doch jemand über den Weg laufen sollte, ging man wortlos in ausreichendem Abstand aneinander vorbei.

Das obligatorische "Frohe Ostern" an den Feiertagen war nun wegen Aerosol-Übertragung eher unangebracht. Dass dieser flüchtige Austausch kaum zu einer Infektion führen konnte, wusste man damals noch nicht genau und wollte es auch nicht auf die Probe stellen.

Das Osterfest selbst sollte auch alles andere als gewohnt ablaufen. Anstatt kunterbunter Schokoladen-Eier sehnte man sich eher nach Masken mit Ostermotiven oder Desinfektionsmittel. Rückblickend bin ich unendlich froh, dass Ostern dieses Jahr wieder gemeinsam und in bewährter Tradition gefeiert wird.

(Florian Hechler)

Kein Corona-Ostern, sondern das letzte mit Mama

 

Eigentlich sind es nur drei Jahre, aber in meinem Kopf ist es schon eine gefühlte Ewigkeit her. Ostern 2020, oder auch das gesamte Frühjahr 2020, wird trotz allem immer in meinem Gedächtnis bleiben. Wahrscheinlich werde ich auch meinen Enkeln davon erzählen. Im Nachhinein wirkt die ganze damalige Situation grotesk und unwirklich. Die Bilder aus 2020 erinnern mich immer ein wenig, an die Bilder vom autofreien Sonntag im Jahr 1973. Damals war, in Folge der damaligen Ölkrise, an vier Sonntagen im Winter das Autofahren für Privatpersonen verboten.  Autoleere Autobahnen – wenn meine Eltern mir davon erzählten und Bilder zeigten, konnte ich es als Kind überhaupt nicht nachvollziehen. 

Und so wird es dann auch in 30 Jahren sein, wenn ich erzählen werde, dass man im Frühjahr 2020 in Deutschland, Schulen und Kindergärten geschlossen hat, Mindestabstände zwischen Menschen eingeführt wurden, Gaststätten geschlossen waren und sogar Ausgangssperren verhängt wurden. Nicht Sonntagsweise, sondern Wochen, manche Regeln sogar monatelang. Dazu die Bilder von menschenleeren Fußgängerzonen, bei bestem Wetter an einem April-Samstagnachmittag, leere Einkaufsmärkte, weil viele Menschen Angst hatten, sich anzustecken.

Ostern 2020 war ganz anders bei uns in der Familie geplant. Wir erwarteten unser viertes Kind, meine Frau war im 8. Monat hochschwanger. Doch die Vorfreude wich der Angst, ob alles gut gehen wird, oder auch die Sorge, ob ich als Vater bei der Geburt im Mai dabei sein darf. Trotz allem haben wir Ostern zu einem schönen Familienfest gemacht, ja auch weil ich gegen die damaligen Regeln verstoßen habe. Meine 84-jährige Mama, die damals schon an Demenz litt, habe ich zu uns geholt, genauso meine Geschwister, oder meine hochbetagte Tante. Und auch die Eltern meiner Frau waren bei uns. Sicher werden jetzt viele sagen, dass es unvernünftig war.

Mag sein, aber letztendlich war es das letzte Ostern, was wir zusammen verbringen konnten. Und wenn ich jetzt genau nachdenke, bleibt Ostern 2020 nicht als Corona Ostern in meinem Gedächtnis, sondern als das Ostern, an dem ich zum letzten Mal, gemeinsam mit meiner Mama feiern konnte.

(Micha Götz)

 

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